Neue US-Regierung Trump begnadigt alle Verurteilte von Kapitol-Attacke
Washington · Der Angriff auf das Kapitol am 6. Januar 2021 war eine Zäsur in den USA. Hunderte Menschen wurden nach dem Gewaltausbruch verurteilt. Donald Trump hält Wort - und noch mehr. Er lässt alle frei.
Der neue US-Präsident Donald Trump hat kurz nach seinem Amtsantritt alle Anhänger begnadigt, die wegen der Attacke auf das Kapitol am 6. Januar 2021 verurteilt wurden. Trump unterzeichnete nur Stunden nach seiner Amtseinführung ein entsprechendes Dekret im Weißen Haus in Washington. Eine derartig umfassende Begnadigung für die Täter jenes beispiellosen Angriffes auf die US-Demokratie kam überraschend und steht vorherigen Ankündigungen aus Trumps Umfeld entgegen.
Die Details
Laut Trumps Erlass werden die Haftstrafen von 14 Verurteilten verkürzt und gelten nun als verbüßt. Dabei geht es um Mitglieder der rechtsradikalen „Proud Boys“ und „Oath Keepers“, denen besonders schwere Straftatbestände wie „aufrührerische Verschwörung“ zur Last gelegt wurden - sie wurden teilweise zu langen Haftstrafen von mehr als 10 oder 15 Jahren verurteilt.
Für alle anderen der mehr als 1.000 Menschen, die bislang im Zusammenhang mit der Kapitol-Attacke verurteilt wurden, sprach Trump umfassende und bedingungslose Begnadigungen aus. Der Präsident ordnete an, sie sollten „unverzüglich“ freigelassen werden. Außerdem wies er das Justizministerium an, alle anderen noch offenen Strafverfahren in dem Fall einzustellen.
Eine unerwartete Dimension
Trump hatte zwar im gesamten Wahlkampf immer wieder eine Begnadigung von Straftätern von damals versprochen. Vertraute aus seinem Umfeld, darunter sein Vizepräsident J.D. Vance, hatten vorab aber betont, es werde niemand begnadigt, der gewalttätig geworden sei. Trump wiederum hatte sich vor seiner Amtseinführung nicht auf Details festlegen wollen - und überraschte nun mit der rigorosen Entscheidung der Straffreiheit für alle.
Trump hatte zuvor bei einer Veranstaltung unter dem Jubel von Anhängern in einer Sportarena von den „großartigen Geiseln“ geschwärmt und nachgeschoben: „In den meisten Fällen haben sie nichts falsch gemacht.“
Hochrangige Demokraten äußerten sich schockiert. Die frühere Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, sprach von einer „schändlichen“ Entscheidung und einer „ungeheuerlichen Beleidigung des Rechtssystems“.
Trumps Wahlkampf-Versprechen
Ein US-Präsident hat die Befugnis, die Strafen von Tätern, die nach Bundesrecht verurteilt wurden, zu verkürzen oder Verurteilte ganz zu begnadigen - auch nachträglich, also nach dem Verbüßen einer Strafe. Trump hatte im Wahlkampf wiederholt versprochen, von dieser Befugnis Gebrauch zu machen, um Anhänger zu begnadigen, die sich an dem Sturm auf das Kapitol beteiligt hatten. Er bezeichnete sie als „politische Gefangene“ und „Geiseln“. Dies sind Kampfbegriffe von Trumps Bewegung, die den demokratiefeindlichen Gewaltausbruch von damals auf krasse Weise verklärt.
Die Attacke
Am 6. Januar 2021 hatten Trump-Anhänger den Parlamentssitz in der Hauptstadt Washington gewaltsam gestürmt. Dort war der Kongress damals zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl 2020 gegen Trump formal zu bestätigen. Fanatische Trump-Unterstützer überrannten damals Absperrungen, prügelten Polizisten brutal nieder und drangen gewaltsam in das Parlamentsgebäude ein, während Trump tatenlos zuschaute. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben.
Trump hatte seine Unterstützer davor bei einer Rede durch die unbelegte Behauptung aufgewiegelt, der Wahlsieg sei ihm durch massiven Betrug gestohlen worden. Seitdem hat er diese Aussage unzählige Male wiederholt. Seine Niederlage bei der Wahl 2020 hat Trump bis heute nicht eingeräumt. Der beispiellose Angriff auf die US-Demokratie wirkt bis heute nach.
Die Strafverfolgung
Laut Zahlen des US-Justizministeriums von Anfang Januar wurden in Folge der Krawalle mehr als 1.500 Menschen auf Bundesebene angeklagt - die Vorwürfe reichten dabei von Widerstand gegen die Staatsgewalt bis zu Angriffen gegen Polizisten und „aufrührerischer Verschwörung“. Gut 1.000 Angeklagte bekannten sich demnach schuldig, in mehreren Hundert Fällen kam es zu einem Prozess.
Bislang wurden laut Ministerium etwa 1.100 Angeklagte für kriminelle Handlungen rund um die Kapitol-Attacke verurteilt - mehr als 660 davon erhielten Haftstrafen und weitere 145 Angeklagte, die zu Haftstrafen verurteilt wurden, wurde anstelle von Gefängnis Hausarrest gewährt. Mehrere Hundert Verfahren liefen zuletzt noch, sollen gemäß Trumps Anordnung nun aber eingestellt werden.
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