Nach Raketentest Trump stellt Atomabkommen mit Iran erneut infrage
Teheran (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat nach dem iranischen Test einer Mittelstreckenrakete das Atomabkommen mit der Islamischen Republik erneut infrage gestellt.
„Der Iran hat gerade eine ballistische Rakete getestet, die in der Lage ist, Israel zu erreichen. Sie arbeiten auch mit Nordkorea zusammen. Mit unserem Abkommen ist es nicht weit her!“, twitterte Trump am Samstagabend. In der UN-Generaldebatte hatte Trump zuvor den Iran als „Schurkenstaat“ bezeichnet, der Gewalt exportiere, und mit dem Ende des 2015 geschlossenen Atomabkommens gedroht.
Ungeachtet amerikanischer Drohungen hatte der Iran nach eigenen Angaben eine Rakete des neuen Typs Choramschahr getestet, die mehrere Sprengköpfe über 2000 Kilometer transportieren kann. Die Nachrichtenagentur Tasnim veröffentlichte am Samstag ein Video des Tests.
Außenminister Gabriel kritisierte den Raketentest, verteidigte aber zugleich das Atomabkommen mit Teheran. Die Erprobung einer Mittelstreckenrakete sei, sollten die Berichte zutreffen, „keine kluge Aktion“ gewesen, sagte Gabriel am Samstag in Wolfenbüttel.
Teheran betont, das Raketenprogramm diene nur der Verteidigung und die Raketen seien so konstruiert, dass sie keine Atomsprengköpfe tragen könnten. Sein Programm zur Entwicklung von Kernwaffen habe der Iran im Rahmen des internationalen Atomabkommens eingestellt; das betreffe das Raketenprogramm nicht.
Alle Beteiligten des Atomabkommens - auch die USA - bescheinigen dem Iran bisher, das Abkommen einzuhalten, mit dem Teheran auf die Entwicklung von Kernwaffen verzichtet. Trump wertet das Abkommen aber als das schlechteste, das die USA je geschlossen hätten. Mit der Begründung der iranischen Raketentests hat Washington einseitig Sanktionen gegen iranische Geschäftsleute und Institutionen verhängt, die nicht vom UN-Sicherheitsrat mitgetragen werden. Das Vorgehen der USA wird auch in Nordkorea aufmerksam beobachtet, das mit seinem Atomwaffenprogramm ebenfalls Washingtons Zorn erregt.
Mit der Choramschahr verfügen die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) laut der IRGC-nahen Nachrichtenagentur Tasnim nun über sieben Raketentypen, mit denen sie „im Notfall“ Israel treffen könnten.
Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman bezeichnete den jüngsten Raketentest als „Provokation“ und „Herausforderung der USA und ihrer Verbündeten“. Frankreich äußerte sich „äußerst besorgt“ und forderte Teheran auf, jegliche destabilisierende Handlung in der Region zu unterlassen und die Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats zum Atomabkommen vollständig umzusetzen.
Der Iran hatte die neue Choramschahr-Rakete am Freitag bei einer Militärparade gezeigt. Dabei hatte Präsident Hassan Ruhani erklärt, dass der Iran trotz der Kritik aus den USA sein Raketenprogramm fortsetzen wolle. Der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani verglich Trumps Vorwürfe gegen den Iran am Sonntag mit Methoden des Nazi-Propagandaministers Joseph Goebbels. „Angeblich verfolgt Trump mit seinen Lügereien die Goebbels-Doktrin“, sagte Laridschani am Sonntag. Er bezog sich auf das Goebbels-Zitat „Eine Lüge muss nur oft genug wiederholt werden. Dann wird sie geglaubt.“ Die Zeit sei vorbei, in der der Iran von den USA kommandiert werde.
Nach Angaben der US-Geheimdienste verfügt der Iran über drei weitere Raketen mit einer Reichweite von bis zu 2000 Kilometern: die Schahab 3, die Sedschil und die Emad-1. Dabei soll die Emad-1 die erste Rakete dieser Reichweite sein, die keiner ballistischen Flugbahn folgt, sondern den ganzen Flug über gelenkt werden kann. All diese Raketen können von mobilen Rampen aus abgefeuert werden. Teherans sunnitischer Erbfeind Saudi-Arabien verfügt mit der CSS-2 über eine Rakete chinesischer Bauart mit einer Reichweite von 3000 Kilometern.