Kein Fahrplan für Abrüstung Trump und Kim feiern Gipfel als Erfolg
Singapur (dpa) - Nach jahrzehntelanger Feindschaft haben die USA und Nordkorea einen historischen Neuanfang gemacht und damit die unmittelbare Gefahr eines Krieges gebannt.
Auf ihrem Gipfel in Singapur unterzeichneten US-Präsident Donald Trump und Machthaber Kim Jong Un eine grundsätzliche Vereinbarung mit dem Ziel, den Streit um das nordkoreanische Atomprogramm endlich beizulegen. Die internationalen Reaktionen waren überwiegend positiv.
Entscheidende Streitpunkte bleiben allerdings ungelöst. Ein Fahrplan mit Terminen fehlt in dem Papier ebenso wie konkrete Abrüstungsschritte. Dafür sollen nun „baldmöglichst“ Verhandlungen aufgenommen werden.
Ein Krieg auf der koreanischen Halbinsel hätte Auswirkungen weit darüber hinaus. Nordkorea verfügt nach eigenen Angaben über atomar bestückte Raketen, die bis in die USA und nach Europa fliegen könnten.
Nach dem eintägigen Gipfel auf der Insel Sentosa, der mit einem historischen Handschlag begonnen hatte, feierte Trump seinen ersten außenpolitischen Erfolg. Allerdings musste er dafür seine Forderungen nach schnellen und überprüfbaren Abrüstungsschritten zurückstellen. „Es gab nicht genug Zeit.“ Nach dem Eklat auf dem G7-Gipfel der sieben Industrienationen in Kanada stand der US-Präsident unter erheblichem Druck, ein gutes Ergebnis vorweisen zu können.
Obwohl die Sanktionen gegen sein wirtschaftlich sehr gebeuteltes Land nicht aufgehoben werden, zeigte sich auch Nordkoreas Machthaber zufrieden. Kim versprach, ein neues Kapitel in den Beziehungen zu den USA aufschlagen zu wollen. Für ihn bedeutete der Gipfel eine enorme Aufwertung. International ist das kommunistische Land bislang weitgehend isoliert. Für die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen reichte es in Singapur aber nicht.
In einer Konzession an Nordkorea stellte Trump überraschend ein Ende der Manöver mit dem Verbündeten Südkorea in Aussicht. Er ließ aber offen, ab wann. „Diese Kriegsspiele sind sehr teuer“, sagte Trump. Südkorea leiste seinen Beitrag, „aber nicht 100 Prozent“. Die USA haben dort 28.500 Soldaten stationiert und hätten im Kriegsfall das Kommando über die südkoreanischen Truppen. Nordkorea hatte wiederholt die Einstellung der Manöver und den Abzug der US-Truppen gefordert. In Seoul sorgten Trumps Äußerungen für Irritationen.
In der gemeinsamen Vereinbarung erklärt Kim sein „festes und unerschütterliches Bekenntnis“ zu „umfassender“ atomarer Abrüstung. Trump stellte ihm Sicherheitsgarantien in Aussicht. Beide Länder wollen ihre Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen. Auch wollen Trump und Kim auf eine „robuste“ Friedenslösung hinarbeiten. Allerdings fehlt der Hinweis auf einen Friedensvertrag, der das Waffenstillstandsabkommen nach dem Ende des Koreakrieges 1953 ablösen kann. Beide Seiten sind formell noch immer im Kriegszustand.
Trump sagte weiter: „Die Vergangenheit muss nicht die Zukunft definieren. Gegner können zu Freunden werden.“ Nordkoreas Machthaber meinte ebenfalls: „Wir haben beschlossen, die Vergangenheit hinter uns zu lassen. Die Welt wird einen großen Wandel erleben.“
Die Gipfelergebnisse stießen weltweit auf überwiegend positive Reaktionen. Südkoreas Präsident Moon Jae In sah „mutige Entscheidungen“. Er sagte aber auch: „Das ist nur ein Anfang. Es werden wohl zahlreiche Schwierigkeiten vor uns liegen.“ China sprach von einem „wichtigen Fortschritt“. Russland schlug vor, die festgefahrenen Gespräche im Sechser-Format wieder aufzunehmen. Dazu gehören auch China, Südkorea, Japan und Russland.
Nordkorea kündigte nach Trumps Darstellung in den Gesprächen auch an, eine große Testanlage für Raketentriebwerke zu zerstören. „Das ist eine große Sache“, sagte der US-Präsident. Die nächsten Schritte soll Außenminister Mike Pompeo mit Nordkorea aushandeln. Der Prozess solle „sehr, sehr schnell“ beginnen. Pompeo fliegt am Donnerstag nach Seoul und dann nach Peking, um über die Gipfelergebnisse zu berichten.
Bis vor wenigen Monaten hatten Kim und Trump noch heftige Beschimpfungen ausgetauscht, bis hin zur Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen. Nun sagte Trump über Kim: „Ich habe gelernt, dass er ein sehr talentierter Mann ist. Und dass er sein Land sehr liebt.“ Kim sagte gleich zu Beginn. „Alte Praktiken und Vorurteile haben gegen uns gearbeitet. Aber wir haben sie alle überwunden.“
Bei dem 13 Sekunden dauernden Handschlag wirkten beide Politiker ernst und angespannt, doch fasste Trump seinem Gegenüber freundschaftlich kurz an die Schulter. Das Treffen von gleich zu gleich hat für Nordkorea immensen symbolischen Wert. Es war schon deswegen heftig umstritten, weil Kim sein Land diktatorisch regiert und massiv gegen Menschenrechte verstößt. Nach Schätzungen der US-Regierung sind 80.000 bis 120.000 Menschen in teils schlimmen Verhältnissen in Arbeitslagern gefangen.
Auf dem Gipfel seien auch Menschenrechtsfragen behandelt worden, versicherte Trump. „Das ist angesprochen worden, und es wird in Zukunft angesprochen werden.“ Allerdings im Vergleich zur atomaren Abrüstung nur „verhältnismäßig kurz“. Zugleich äußerte er sich überzeugt, dass Kim bereit sei, die Lage in seinem Heimatland zu verbessern. „Ich glaube, er will was machen. Er will die richtigen Dinge machen.“
Trump will Kim „zu einem angemessenen Zeitpunkt“ auch ins Weiße Haus einladen. Das kann aber noch dauern. „Wir wollen den Weg noch ein bisschen weitergehen.“ Umgekehrt kann sich Trump auch vorstellen, „zu einem bestimmten Zeitpunkt“ selbst Pjöngjang zu besuchen.