Tschechische Koalition geplatzt
Prag (dpa) - Der tschechische Ministerpräsident Petr Necas kämpft um seine Regierung. Die bisherige Dreiparteienkoalition in Prag ist geplatzt und endet zum kommenden Freitag - noch am gleichen Tag werde er im Parlament die Vertrauensfrage stellen, kündigte Necas am Montag in Prag an.
Er will mit einer Splittergruppe seines bisherigen populistischen Partners weiterregieren. Das Bündnis mit der Partei der öffentlichen Angelegenheiten (VV) hatten Necas von der liberal-konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) und Außenminister Karel Schwarzenberg von der konservativen TOP09 am Sonntagabend aufgekündigt.
Auslöser war, dass Necas nicht mehr mit der VV-Partei zusammenarbeiten wollte: Deren Gründer Vít Bárta war Mitte April wegen eines Korruptionsdelikts verurteilt worden. Der Ex-Verkehrsminister hatte nach Überzeugung des Gerichts einen Abgeordneten seiner eigenen Fraktion bestochen, um sich dessen Loyalität zu sichern.
Necas will jetzt mit ehemaligen VV-Mitgliedern um Vize-Regierungschefin Karolína Peake verhandeln, die sich von Bárta distanziert haben. Mit der Peake-Plattform und der TOP09 wolle er ein neues Mitte-Rechts-Bündnis eingehen, sagte der Bürgerdemokrat. „Wichtig ist, dass sich eine Gruppe von Abgeordneten findet, denen das Regierungsprogramm eine Herzensangelegenheit ist“, sagte ODS-Vize Pavel Drobil.
An den für die nächsten zwei Jahre geplanten Sparmaßnahmen will Necas festhalten. Dazu zählen Kürzungen im Öffentlichen Dienst, eine Mehrwertsteuererhöhung und Rentenkürzungen. „Auf dieser Basis wollen wir uns mit der neuen Gruppierung (von Peake) einigen“, sagte Necas.
Peake selbst teilte mit, dass sie neun Abgeordnete auf ihrer Seite habe. Dies würde gemeinsam mit allen Stimmen von TOP09 und ODS für eine knappe Mehrheit von 102 der 200 Sitze im Parlament reichen. Zwar sind zur Bildung einer regulären Fraktion im tschechischen Parlament zehn Abgeordnete nötig. Doch der Fraktionsvorsitzende von TOP09, Petr Gazdík, sagte tschechischen Medien: „Uns reicht eine zuverlässige Mehrheit, wir stellen keine weiteren Bedingungen.“
Falls keine neue Regierung zustande komme, seien schnelle Neuwahlen der einzige Ausweg, hatte Necas mehrfach angekündigt. Das bürgerliche Lager müsste sich laut einer aktuellen Umfrage auf eine heftige Niederlage einstellen. Bei Neuwahlen wären die Kommunisten mit 20 Prozent der Stimmen nach den Sozialdemokraten sogar die zweitstärkste Kraft. Am Samstag waren in Prag mehr als 80 000 Menschen einem Aufruf von Sozialdemokraten und Gewerkschaften gefolgt und hatten Neuwahlen sowie ein Ende der Sparpolitik gefordert.