Türkei und Israel im Gaza-Streit unnachgiebig

Istanbul/Tel Aviv (dpa) - Nach der Eskalation des Streits zwischen der Türkei und Israel wegen des blutigen Einsatzes gegen ein Schiff der Gaza-Hilfsflotte sind die Fronten verhärtet.

Israel lehne die von der Türkei verlangte Entschuldigung weiter ab, wie der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem betonte. Verbündete beider Länder bemühen sich um Schadensbegrenzung. Außenminister Guido Westerwelle rief die Türkei am Wochenende auf, das Ergebnis der internationalen Untersuchung über die Gaza-Hilfsflotte zu akzeptieren.

Die Türkei hatte am Freitag den israelischen Botschafter ausgewiesen und alle Militärabkommen mit Israel auf Eis gelegt. Der türkische Staatspräsident Abdullah Gül drohte mit weiteren Schritten. Kurz zuvor war ein für Ankara unangenehmer UN-Untersuchungsbericht zur Erstürmung des türkischen Schiffes „Mavi Marmara“ durchgesickert. Bei der israelischen Kommandoaktion waren vor 15 Monaten neun Türken getötet worden. In dem Untersuchungsbericht wird Israels Position in wesentlichen Punkten gerechtfertigt.

„Israel bedauert den Verlust menschlichen Lebens“, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Sonntag während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem. „Wir müssen uns aber nicht dafür entschuldigen, dass wir unsere Bürger schützen“, bekräftigte er gleichzeitig. Es sei allerdings nie Israels Absicht gewesen, dass sich die Beziehungen zu dem ehemaligen türkischen Bündnispartner derart verschlechtern.

Die USA forderten die Regierungen in Ankara und Jerusalem auf, die Auseinandersetzung zu beenden. Washington bedauere, dass beide Länder ihre Differenzen nicht hätten beilegen können, teilte das US-Außenministerium in Washington mit. Westerwelle sagte, es habe eine „unabhängige und transparente Untersuchung“ gegeben. „Diese Ergebnisse sollten ernst genommen werden, selbst wenn sie dem einen oder anderen in bestimmten Aspekten nicht gefallen.“

Die palästinensische Autonomiebehörde im Westjordanland kritisierte den UN-Bericht. „Zu behaupten, die israelische Blockade des Gazastreifens sei legal, ist abscheulich und ermuntert Israel nur, weiterhin die Rechte des palästinensischen Volkes, vor allem im Gazastreifen, zu verletzen“, sagte Ministerpräsident Salam Fajad in Ramallah.

Die türkische Zeitung „Hürriyet Daily News“ berichtete, die Türkei wolle nun ihren Schiffsverkehr im Mittelmeer von der Marine schützen lassen, womöglich auch türkische Hilfslieferungen an die Palästinenser. „Es wird nun eine aggressivere Strategie verfolgt werden. Israel wird nicht länger in der Lage sein, sich unbehindert wie ein Rüpel zu verhalten“, sagte ein Diplomat der Zeitung.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland reagierte mit Besorgnis auf die Eskalation. „Eventuell könnte vor allem die deutsche Bundesregierung mit ihrem großen politischen Gewicht und auf der Basis ihrer guten Beziehungen zu beiden Regierungen hier vermittelnd tätig werden. Dazu können wir die Bundesregierung nur ausdrücklich ermuntern und ihr von Herzen viel Erfolg dabei wünschen“, sagte der Präsident des Zentralrats, Dieter Graumann, Handelsblatt Online.

Israelische Militärs hatten die „Mavi Marmara“, die zusammen mit anderen Schiffen Israels Seeblockade des Gazastreifens durchbrechen und 10 000 Tonnen Hilfsgüter zu den Palästinensern bringen sollte, am 31. Mai 2010 von Kommandobooten und Hubschraubern aus angegriffen.