UKIP mischt mit zweitem Parlamentssitz London auf
Rochester (dpa) - Die rechtspopulistische und europafeindliche Partei UKIP hat dem britischen Premierminister David Cameron die zweite schwere Schlappe binnen sechs Wochen beschert.
Bei einer Nachwahl im südenglischen Wahlkreis Rochester and Strood errang die Partei ihren zweiten Sitz im britischen Parlament, wie die örtliche Wahlkommission am frühen Freitagmorgen bekanntgab.
Der UKIP-Bewerber Mark Reckless, erst vor wenigen Wochen von den konservativen Tories übergetreten, erhielt bei der Abstimmung am Donnerstag 42,1 Prozent der Stimmen. Damit lag er klar vor seiner stärksten Rivalin Kelly Tollhurst von Camerons Tories, die auf 34,8 Prozent kam. Die Wahlbeteiligung lag bei 50,7 Prozent.
Reckless hatte mit seinem Parteiaustritt bei den Konservativen und mit der Niederlegung seines Mandates die Nachwahl notwendig gemacht. Premierminister David Cameron kündigte wenige Stunden nach der Niederlage an, er werde alles tun, um den Wahlkreis bei der Parlamentswahl im Mai 2015 zurückzugewinnen. Wahlforscher sehen den Ausgang der Abstimmung in sechs Monaten und damit die Entscheidung über den künftigen Premierminister als völlig unvorhersehbar an und gehen von der Notwendigkeit einer Koalitionsregierung aus.
Der UKIP-Sieg wird ein halbes Jahr vor der Parlamentswahl als schwerer Schlag für Cameron gewertet, der den Wahlkreis unbedingt halten wollte. Er selbst war fünf Mal zu Wahlkampfauftritten nach Rochester und Umgebung gereist - letztlich erfolglos.
Bereits im Oktober hatte mit dem ehemaligen Tory-Abgeordneten Douglas Carswell ein früherer Cameron-Getreuer den Übertritt zu UKIP gewagt und bei einer Nachwahl Erfolg gehabt. Jetzt wird befürchtet, dass nach Carswell und Reckless weitere konservative Abgeordnete aus Furcht um ihren Job vor der Parlamentswahl im Mai die Flucht zu den Rechtspopulisten antreten. Er wäre „sehr überrascht“, wenn dies in den nächsten Wochen nicht geschehen würde, sagte UKIP-Parteichef Nigel Farage.
„Wenn wir hier gewinnen können, können wir im ganzen Land gewinnen“, sagte Reckless unmittelbar nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses in Rochester. Er war zuvor im Wahlkampf mit ausländerfeindlichen Parolen aufgefallen, hatte später aber erklärt, er sei missverstanden worden. Parteichef Farage schritt ein und erklärte, seine Partei habe kein Interesse, legal in Großbritannien lebende Ausländer in ihre Heimatländer zurückzuschicken.