Ukraine verschiebt Lösung für Timoschenko erneut

Kiew (dpa) - Neuer Affront für die EU und Kanzlerin Angela Merkel: Die Ukraine zögert weiter mit der vom Westen geforderten Freilassung der in Haft erkrankten Oppositionsführerin Julia Timoschenko. Damit steht auch der proeuropäische Kurs der früheren Sowjetrepublik auf dem Spiel.

Im Beisein von EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle scheiterte im Parlament in Kiew ein neuer Versuch, ein Gesetz über einen Hafturlaub der Ex-Regierungschefin Timoschenko in Deutschland auf den Weg zu bringen.

Die EU und vor allem Merkel hatten die Ukraine zu klaren Schritten aufgefordert, damit ein Abkommen über eine engere Zusammenarbeit und freien Handel kommende Woche in Vilnius unterzeichnet werden kann. Der Westen warnte zuletzt immer wieder, dass die Ukraine nur noch wenige Tage Zeit habe, die Bedingungen der EU für das Assoziierungsabkommen zu erfüllen.

Die Freilassung der wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilten Timoschenko gehört zu diesen Forderungen. Der ukrainische Parlamentschef Wladimir Rybak sagte, dass die Oberste Rada nun am Donnerstag einen weiteren Anlauf nehmen wolle. Die Vertreter der Opposition um den Boxweltmeister Vitali Klitschko und der regierenden Partei der Regionen warfen sich gegenseitig vor, den Abschluss des Abkommens mit der EU zu sabotieren.

Die Opposition erschien im Parlament mit T-Shirts, auf denen das Porträt von Timoschenko zu sehen war. Klitschkos Gefolgsleute trugen rote Pullover mit der Aufschrift „Wir sind Europa“, Timoschenkos Parteigänger von Batkiwschtschina (Vaterland) weiße Pullover mit dem Schriftzug „Freiheit für die Ukraine“.

Auf dem Tisch liegen mehrere Entwürfe für ein Gesetz, das Timoschenko eine Behandlung in einer deutschen Klinik ermöglichen würde. Allerdings können sich die Fraktionen nicht auf die Bedingungen für einen solchen Hafturlaub einigen. Klitschko warf dem Machtlager um Präsident Viktor Janukowitsch vor, aus Angst vor seiner Erzfeindin den prowestlichen Kurs des Landes zu gefährden. „Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Regierung versucht, die europäische Integration loszuwerden“, sagte Klitschko.

Die prowestlichen Kräfte wollen das Abkommen mit der EU, um sich aus der engen Beziehung mit dem dominanten Nachbarn Russland zu lösen und das verarmte Land zu modernisieren. Kremlchef Wladimir Putin drohte der Ukraine im Fall einer Unterzeichnung des Abkommens damit, alle Handelsvorteile zu streichen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow warf der EU eine „einseitige“ Erweiterungspolitik vor. Das Programm der Östlichen Partnerschaft der EU stehe im Geist „alter geopolitischer Machtspiele“ und sei nicht auf Zusammenarbeit gerichtet. Die EU hatte stets betont, dass die Partnerschaftsprojekte im postsowjetischen Raum nicht gegen Russland gerichtet seien. Neben der Ukraine gehören auch die Ex-Sowjetrepubliken Moldau und Weißrussland sowie im Südkaukasus Georgien, Armenien und Aserbaidschan zur „Ostpartnerschaft“ der EU.