#Vatileaks Umstrittener Prozess wegen Vatikan-Enthüllungen begonnen
Der Vatikan hält Gericht über zwei ausländische Journalisten. Die beiden Italiener sind sich keiner Schuld bewusst. Rechtsexperten halten das ganze Verfahren für fragwürdig.
Rom (dpa) - Begleitet von Protesten ist vor dem Gericht des Vatikanstaats ein Strafprozess wegen der jüngsten Veröffentlichung vertraulicher Dokumente der Kurie eröffnet worden. Angeklagt sind zwei italienische Journalisten und drei mutmaßliche Informanten. Ihnen wird vorgeworfen, unerlaubt Dokumente an sich gebracht und veröffentlicht zu haben.
Die Journalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi hatten Anfang November Bücher veröffentlicht, in denen sie dem Vatikan vorwerfen, das Geld der Gläubigen schamlos zu verschwenden. Sie stützen sich dabei auf Dokumente aus der Kurie, die ihnen zugespielt worden waren. Ihnen drohen lange Haftstrafen. Der Vatikan verfügt als souveräner Staat über eine eigene Justiz.
„Wir verstehen nicht, wofür wir angeklagt werden“, sagte Fittipaldi vor Betreten des Gerichts am Dienstag. Dieses wies den Antrag seines Verteidigers zurück, die Anklage für nichtig zu erklären, weil die Vorwürfe nicht ausreichend präzisiert seien. Nuzzi beklagte, er könne sich nicht von seinem gewohnten Anwalt vertreten lassen, weil nur im Vatikanstaat zugelassene Anwälte die Verteidigung übernehmen dürften.
Ebenfalls vor Gericht stehen drei frühere Mitglieder einer von Papst Franziskus 2013 eingerichteten und nach Abschluss der Arbeiten 2014 aufgelösten Kommission für die Reform der Wirtschafts- und Verwaltungsstrukturen des Vatikans. Es handelt sich um den seit Anfang November im Vatikan inhaftierten spanischen Geistlichen Lucio Vallejo Balda, die PR-Beraterin Francesca Chaouqui und Baldas früheren Mitarbeiter Nicola Maio. Ihnen wird auch Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.
Die Vereinigung der Auslandspresse zeigte sich „sehr besorgt“ darüber, dass zwei italienischen Journalisten im Vatikan der Prozess gemacht werde. Das Komitee zur Verteidigung von Journalisten (CPJ) forderte den Vatikan auf, die Vorwürfe gegen Nuzzi und Fittipaldi fallen zu lassen. Der Rechtswissenschaftler Gaetano Azzariti sagte der Zeitung „La Repubblica“, die von Papst Franziskus verschärften Straftatbestände für die Weitergabe vertraulicher Dokumente würden nur für Angestellte der Kurie gelten. Er verwies auch auf Artikel 21 der italienischen Verfassung und Artikel 11 der EU-Grundrechtecharta, die die Meinungs- und Pressefreiheit garantierten. „Der Vatikan riskiert, in Konflikt mit der europäischen Rechtskultur zu geraten“, sagte er.