UN: Keine direkten Gesundheitsschäden durch Fukushima
Wien (dpa) - Nach dem Atomunfall von Fukushima war die Angst vor Folgen wie mehr Schilddrüsenkrebs oder behinderten Babys groß. Jetzt geben die UN Entwarnung: Nach einer ersten Untersuchung gibt es keine direkten Gesundheitsfolgen - Probleme haben die Menschen dort trotzdem.
Wegen des Atomunfalls von Fukushima werden nach UN-Einschätzung weder mehr Menschen sterben noch vermehrt an Krebs erkranken. Die Katastrophe vom März 2011 habe keine direkten Gesundheitsfolgen für die Bevölkerung, heißt es in einer ersten umfassenden Untersuchung der Vereinten Nationen.
Dies sei vor allem auf die schnelle Evakuierung des Gebiets durch die japanischen Behörden zurückzuführen, sagte der Vorsitzende des wissenschaftlichen Komitees der Vereinten Nationen für die Folgen von Strahlung (UNSCEAR), Wolfgang Weiss, am Freitag in Wien.
180 Wissenschaftler aus 27 Ländern haben bei UNSCEAR einen Fukushima-Bericht erarbeitet und in Wien diskutiert. Der Abschlussbericht soll im Herbst rund zweieinhalb Jahre nach dem Unfall bei den UN in New York vorgelegt werden.
Nach Einschätzung der Wissenschaftler leiden die Menschen psychisch und sozial etwa unter der Evakuierung oder einer Stigmatisierung, nicht aber gesundheitlich durch die Strahlenbelastung. „Die Erfahrung von Tschernobyl hat uns gezeigt, dass neben einer möglichen direkten Auswirkung auf die Physis, die sozialen Folgen mit den einhergehenden Gesundheitseffekten in der betroffenen Bevölkerung besondere Aufmerksamkeit brauchten“, sagte UNSCEAR-Chef Carl-Magnus Larsson.
„Wir sehen statistisch keine direkten Risiken oder Gesundheitsfolgen“, sagte Weiss. Nach der Katastrophe habe die zusätzliche Strahlenbelastung durch den Unfall für die meisten Japaner unter der natürlichen Umgebungsstrahlung gelegen. Man gehe auch nicht davon aus, dass man künftig Krebserkrankungen auf den Unfall zurückführen könne. Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl sei die Strahlenbelastung deutlich höher gewesen.
Da der Bericht den statistischen Schnitt berechnet, wollte Weiss nicht völlig ausschließen, dass einzelne Personen Krebs wegen einer zu hohen Strahlendosis bekommen könnten: „Wir können nicht die Gesundheit von 60 000 Menschen individuell ein Leben lang verfolgen.“ Doch statistisch erhöhe sich die Rate nach den Untersuchungen nicht.
Der Großteil der Daten stammt von japanischen Behörden, aber auch die USA, die Weltgesundheitsorganisation WHO oder die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hätten Informationen beigetragen. Die Aussagen des Berichts basierten hauptsächlich auf Rechenmodellen, Messungen in der Umwelt und teilweise Untersuchungen der Menschen. „Das heißt nicht, dass wir alles haben was wir gerne hätten“, sagte Weiss. In Tschernobyl hätten sich manche Auswirkungen erst fünf Jahre nach dem Unfall gezeigt.
Zur generellen Aussagekraft von Untersuchungen zur Auswirkung von Radioaktivität auf den Menschen sagte Weiss im dpa-Gespräch: „Wir haben uns 50 Jahre damit befasst, aber das heißt nicht, dass wir alles wissen. Das gilt sowohl für ganz hohe Strahlenexpositionen wie auch den niedrigen Dosisbereich.“ Umstritten sei beispielsweise, ob man bei niedrigen Dosen überhaupt von einem Effekt auf das Krebsrisiko sprechen könne: „Da ist die Position der UNSCEAR ganz klar - dass das eben nicht geht.“ Es sei wissenschaftlich nicht haltbar, einen Krebs, der 30 oder 40 Jahre später auftrete, mit einer lang zurückliegenden niedrigen Strahlenbelastung begründen zu wollen.