UN-Sicherheitsrat in New York UN-Resolution soll sofortige Waffenruhe in Syrien schaffen
New York (dpa) - Mit der Forderung einer unmittelbar und zunächst 30 Tage geltenden Waffenruhe will der UN-Sicherheitsrat die dramatische Lage in Syrien schrittweise entschärfen.
Nach anfänglichem Widerstand Russlands und tagelangen Verhandlungen stimmten die 15 Ratsmitglieder einstimmig für eine entsprechende Resolution. Völkerrechtlich bindende Druckmittel enthält der Text allerdings nicht. Daher ist unklar, ob sich die Konfliktparteien an die Waffenruhe halten.
Angesichts der kritischen Lage der Zivilbevölkerung in Syrien wollen sich Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch heute bei Kremlchef Wladimir Putin für eine sofortige Umsetzung der Resolution einsetzen. Diese Resolution sei ein „unverzichtbarer erster Schritt“, heißt es nach Berichten französischer Medien in einer Erklärung des Elysee-Palastes. Mit Putin solle über die Umsetzung der Resolution und eine „politische Roadmap“ zu einem dauerhaften Frieden gesprochen werden.
Das höchste UN-Gremium „fordert, dass alle Parteien ohne Verzögerung die Kampfhandlungen für einen Zeitraum von mindestens 30 aufeinanderfolgenden Tagen in ganz Syrien für eine anhaltende humanitäre Pause einstellen“, heißt es in dem Papier. Damit sollen Hilfslieferungen belagerte Gebiete erreichen und Kriegsopfer in Sicherheit gebracht werden. „Die UN-Konvois und Evakuierungs-Teams sind einsatzbereit“, sagte Schwedens UN-Botschafter Olof Skoog. Schweden und Kuwait hatten die Resolution gemeinsam vorgelegt.
Militäreinsätze gegen die Terrorgruppen Islamischer Staat (IS), Al-Kaida und Al-Nusra sind von der Waffenruhe ausgeschlossen. Konkret erwähnt die Resolution unter anderem die Gewalt im Rebellengebiet Ost-Ghuta und der Idlib-Provinz. Auf die Frage, auch die nicht explizit erwähnte Militäroffensive der Türkei im nordsyrischen Afrin von der Waffenruhe gedeckt werde, sagte der UN-Botschafter Kuwaits und derzeitige Ratsvorsitzende Mansour al-Otaibi, die Frage sei „sehr klar“. Alle Parteien in ganz Syrien seien gemeint.
Syriens Botschafter Baschar al-Dschafari bekräftigte das Recht seiner Regierung, gegen Terroristen vorzugehen. „Wir haben ein souveränes Recht der Selbstverteidigung und werden Terrorismus weiterhin bekämpfen, wo auch immer er auf syrischem Boden auftaucht“, sagte al-Dschafari.
Die Türkei begrüßte zwar in einer Erklärung des Außenministeriums am späten Samstagabend die UN-Resolution, kündigte aber zugleich an, weiter gegen „terroristische Organisationen“ zu kämpfen, die Syriens territoriale Integrität bedrohten.
Wegen Änderungsvorschlägen Russlands hatte sich die Abstimmung mehrere Tage verzögert. „Eine Waffenruhe sollten von Parteien am Boden erreicht werden. Sie kann nicht per Dekret vom Sicherheitsrat eingerichtet werden, bei allem Respekt vor diesem angesehenen Gremium“, sagte Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja nach der Abstimmung.
Die USA warfen Russland dagegen vor, die Abstimmung absichtlich verzögert zu haben. Nichts im Text habe sich im Vergleich zu vorigen Entwürfen geändert „außer einige Worte und ein paar Kommas“, sagte die amerikanische UN-Botschafterin Nikki Haley. „Es gibt keinen guten Grund, warum wir dies nicht am Mittwoch oder Donnerstag oder Freitag hätten tun sollen“.
Das Auswärtige Amt in Berlin begrüßte die Resolution. „Wir brauchen dringend die Möglichkeit zur Evakuierung von Schwerkranken und Verwundeten sowie von besonders Schutzbedürftigen wie Kindern. Wir brauchen dringend Zugang zu notleidenden Familien. Jede Minute zählt. Jedes Leben zählt“, heißt es in einer Mitteilung.
Die syrischen Regierungstruppen setzten auch am Samstag ihre heftigen Angriffe auf das belagerte Rebellengebiet Ost-Ghuta fort. Rebellen feuerten unterdessen mehr als 40 Artilleriegeschosse auf Wohngebiete in Damaskus. Dabei seien mindestens sieben Zivilisten getötet worden, berichtete die staatlichen Nachrichtenagentur Sana.
Seit vergangenem Sonntag wurden bei den Bombardements nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 120 Kinder getötet. Auch Sanitäter seien bei Einsätzen angegriffen worden, berichteten die Rettungshelfer der Weißhelme.
Papst Franziskus zeigte sich nach Aussage von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in „großer Sorge“ über die Lage im Land.