UN-Treffen dringt auf „schnelles“ Handeln in Afrika
Rom (dpa) - „Schnelles Handeln“ ist angesichts der Hungerkatastrophe in Ostafrika geboten und auch noch möglich. Zu diesem Ergebnis kam eine Konferenz der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) mit Experten und Politikern am Montag in Rom.
„Der Hunger ist kein Skandal von gestern, sondern ein Skandal von heute, und wenn wir nichts unternehmen, wird er auch ein Skandal von morgen sein“, mahnte der französische Landwirtschaftsminister Bruno Le Maire. Frankreich, das in diesem Jahr die G8- und die G20-Präsidentschaft innehat, hatte das römische Treffen angeregt.
Es bestehe jedoch immer noch „ein Zeitfenster“, um die hungernden Menschen ausreichend zu unterstützen und sie in die Lage zu versetzen, ihre Existenzgrundlagen wiederaufzubauen. so die Abschlusserklärung dre FAO-Konferenz. Hierzu seien sowohl humanitäre Soforthilfe als auch langfristige Maßnahmen notwendig.
Die Situation ist dramatisch: Nach der schwersten Dürre der vergangenen 60 Jahre sind in Ostafrika nach Schätzungen der UN in Somalia, Kenia, Äthiopien, Dschibuti, Sudan und Uganda rund 12 Millionen Menschen von Nahrungsmittelknappheit betroffen. In Regionen im Süden Somalias herrscht schwere Hungersnot. Zehntausende starben bereits. Nach letzten Angaben des Kinderhilfswerks Unicef ist mehr als eine halbe Million Kinder vom Hungertod bedroht.
„Wir sind sehr besorgt um die Kinder. Viele von ihnen haben weniger als 40 Prozent Überlebenschance“, erklärte Josette Sheeran, Direktorin des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP). Das WFP sei bereit, „schon morgen“ eine Luftbrücke nach Mogadischu zu starten, um Spezialnahrung in Tüten in die Brennpunktgebiete zu bringen, „um die Körper und Gehirne dieser Kinder zu beschützen“. Unicef erklärte, bis Ende des Jahres 300 Millionen Dollar (knapp 209 Millionen Euro) für Hilfsmaßnahmen allein für die unterernährten Kinder zu benötigen.
Die Welthungerhilfe begrüßte die Absicht, ein zweigleisiges Sofortprogramm für die Dürreopfer aufzulegen. „Das Programm ist da, jetzt müssen schnell die Mittel fließen“, forderte Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe. Vor allem die langfristige Unterstützung müsse sichergestellt werden, so Dieckmann.
Um langfristig zu helfen, will die Konferenz Hirten sowie Landwirten mit Viehzucht besondere Unterstützung zukommen lassen. Diese seien ein wichtiger Bestandteil der möglichen Nahrungsmittelsicherheit. Im selben Kontext sei es auch entscheidend, die Bewegungsfreiheit der Hirten in den einzelnen Ländern und auch grenzübergreifend zu garantieren und abzusichern, hielt die Konferenz fest. Ebenso sei, soweit möglich, die Vertreibung von Menschen zu vermeiden. Bauern und Fischern müsse zur Selbsthilfe geholfen werden.
In den Brennpunktgebieten ist unmittelbares Handeln geboten. „Die Kombination von Dürre, Inflation und politischen Konflikten haben eine katastrophale Situation geschaffen“, erklärte der scheidende FAO-Direktor Jacques Diouf. Um diese Krise zu überwinden, seien in den kommenden Monaten mindestens 1,6 Milliarden Dollar (1,1 Milliarden Euro) notwendig, schätzte Diouf.
Die Weltbank genehmigte Medienberichten zufolge am Montag bereits 500 Millionen Dollar (348 Millionen Euro) gegen die Hungerkrise. Auch die Bundesregierung stockte am Montag ihre Hilfe um mehr als 45 Millionen Euro auf. „Die schlimme Lage für die Menschen am Horn von Afrika muss schnell gelindert werden, um so viele Menschenleben wie möglich zu retten“, erklärte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) in Berlin.
Für die Hilfsorganisation Oxfam gibt es „keine Entschuldigung“ mehr für die internationale Gemeinschaft, nicht sofort großzügig zu helfen. „Kein anderes Problem kann dringender sein als Millionen Menschen, die in Afrika dem Schreckgespenst des Hungers entgegensehen“, erklärte Barbara Stocking, Direktorin von Oxfam in Großbritannien.
Verantwortlich für die Hungersnot in Ostafrika ist nach Erkenntnissen der Konferenz allerdings nicht nur die schwere Dürre, die rund zwölf Millionen Menschen betrifft. Auch politische Konflikte und hohe Preise spielten eine Rolle. Dringend notwendig sei in diesem Kontext die Umsetzung des von den G20 im Juni in Paris beschlossenen Plans einer international koordinierten Zusammenarbeit, erklärte der französische Landwirtschaftsminister. Mit dem Plan sollen die negativen Auswirkungen rasanter Preissteigerungen bei Lebensmitteln auf die armen Länder zumindest eingeschränkt werden.