Ungarn-Anleihen auf Ramschniveau herabgestuft

Budapest/Frankfurt am Main (dpa) - Ungarische Staatsanleihen sind nur noch „Ramsch“ - auf dieses Niveu stufte die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit des EU-Landes herab. Die Regierung in Budapest reagierte am Freitag heftig.

Dies sei ein „spekulativer Angriff“ und keineswegs begründet, Haushalts- und Konjunkturdaten hätten sich günstig entwickelt. An den Finanzmärkte wuchs die Besorgnis, die Kreditausfallversicherungen stiegen sprunghaft.

Nach einer Krisensitzung mit Ministerpräsident Viktor Orban und Wirtschaftsexperten am Abend musste Wirtschaftsminister György Matolcsy bei den bislang optimistischen Wachstumserwartungen für 2012 zurückrudern. Er gab zu, dass sein Land ein Wirtschaftswachstum von nur 0,5 bis 1,0 Prozent erwarten könne. Die bisherigePrognose von 1,5 Prozent 2012 sei „nicht realistisch“. Die EU und Finanzinstitutionen hatten schon vor Wochen erklärt, Ungarn habe 2012 allenfalls 0,5 Prozent zu erwarten. Matolcsy begründete die Korrektur nun mit einem verlangsamten Wachstum in Deutschland, von dessen Konjunktur die ungarischen Exporte abhängen.

Analysten in Budapest rechnen mit einer Erhöhung des Leitzinses am kommenden Dienstag, um den Verfall der Landeswährung Forint zum Euro zu stoppen.

In der Nacht zum Freitag hatte die Ratingagentur Moody's die Kreditwürdigkeit des osteuropäischen Landes um eine Stufe von „Baa3“ auf „Ba1“ gesenkt und damit auf Ramschniveau. Hintergrund ist die hohe Staatsverschuldung Ungarns. Erst vor kurzem hatte das Land den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die EU um Finanzhilfe gebeten. Ungarn ist Mitglied der EU, gehört aber nicht zur Euro-Zone.

Moody's begründete die Herabstufung der Bonität unter anderem mit der zunehmenden Unsicherheit, ob Ungarn angesichts eingeschränkter Wachstumsaussichten mittelfristig seinen Staatshaushalt konsolidieren und die öffentlicher Verschuldung zurückführen kann.

An den Aktien- und Devisenmärkten kam es zu heftigen Reaktionen. Zum Euro verlor die ungarische Währung Forint weiter stark an Wert. Das heißt, dass der Euro für die Ungarn immer teurer wird. Am Freitag kletterte die europäische Währung auf 316,14 Forint nach 311,36 Forint am Vorabend.

Zur Schwäche des Forint erklärte das Wirtschaftsministerium, hinter der aktuell laufenden Abwertung der Landeswährung „kann nur ein spekulativer Angriff gegen Ungarn stecken“. „Da die Bewertung durch Moody's keine reale Grundlage hat, kann die ungarische Regierung sie nur als Teil eines finanziellen Angriffs interpretieren“, hieß es weiter aus dem Ministerium. Am Abend hieß es dann, die Expertenrunde sei sich uneinig darüber gewesen,ob ein „spekulativer Angriff“ der Grund gewesen sei.

Ungarische Staatsanleihen gerieten am Freitag stark unter Druck. Die Rendite für die richtungsweisenden zehnjährigen Staatstitel stieg zeitweilig um fast einen ganzen Prozentpunkt auf 9,9 Prozent. Dies ist der höchste Wert seit Anfang 2009. Zum Wochenanfang hatte die Rendite noch bei 8,4 Prozent gelegen. Damit liegen die Renditen höher als jene von Euro-Krisenländern wie Italien und Spanien. Damit wird die Aufnahme frischen Geldes am Kapitalmarkt für Ungarn immer teurer. Ebenfalls kräftig stieg die Prämie, die Anleger für eine Ausfallversicherung auf ungarische Staatsanleihen zahlen müssen.

Die Herabstufung der ungarischen Staatsanleihen war bereits von den Rating-Agenturen angedroht worden, nachdem die Staatsverschuldung vom zweiten bis zum dritten Quartal dieses Jahres von 75 auf 82 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gestiegen war.

Das Wirtschaftsministerium entgegnete, die Abstufung durch die Ratingagentur sei grundlos, weil Ungarns Wirtschaft sich in den letzten anderthalb Jahren in den meisten Bereichen „trotz aller externen Schwierigkeiten“ in eine günstige Richtung entwickelt habe. Die Leistungsbilanz weise einen Überschuss auf. In diesem Jahr werde es Ungarn seit dem EU-Beitritt erstmals gelingen, das Haushaltsdefizit unter 3,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu senken.