Urteil zur Kundus-Affäre: Guttenberg unschuldig
Berlin (dpa) - In ihrer abschließenden Bewertung der Kundus-Affäre hat die Koalition den früheren Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) entlastet.
Für die Informationspannen nach dem Bombardement zweier von Taliban entführter Tanklaster mit zahlreichen Toten in der Nähe des nordafghanischen Kundus machen Union und FDP den damaligen Staatssekretär Peter Wichert und den früheren Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan verantwortlich. Guttenberg hatte die beiden im Zuge der Affäre entlassen.
Im Entwurf für den Abschlussbericht des Kundus- Untersuchungsausschusses des Bundestags, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, heißt es dazu: Wichert und Schneiderhan seien „in keiner Weise als "Bauernopfer"“ zu sehen. Ihre Entlassung sei „rechtlich und politisch einwandfrei“ gewesen. Die Opposition kritisierte die Bewertung scharf. Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold nannte die Entlastung Guttenbergs „besonders peinlich“.
Bei dem vom deutschen Oberst Georg Klein befohlenen Bombardement von Kundus waren am 4. September 2009 nach den Erkenntnissen der Bundeswehr 91 Menschen getötet und 11 verletzt worden. Anfang 2010 konstituierte sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss, um den Vorfall und die politischen Folgen aufzuklären. Neben Guttenberg, Schneiderhan und Wichert sagten auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Fraktionschef Frank- Walter Steinmeier vor dem Gremium aus.
Guttenberg war zum Zeitpunkt der Bombardierung noch nicht Verteidigungsminister, hatte den Angriff auf die Tanklaster aber kurz nach seinem Amtsantritt im Oktober 2009 als militärisch angemessen bezeichnet. Später korrigierte er sich, begründete das mit unzureichender Information durch seine Mitarbeiter und entließ als Konsequenz Schneiderhan und Wichert.
Die Koalition schloss sich in ihrer 158-seitigen Bewertung, über die am Samstag auch die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete, der Darstellung Guttenbergs an. Die Berichterstatter von Union und FDP kommen sogar zu dem Schluss, dass Wichert und Schneiderhan Guttenberg bewusst Informationen vorenthalten haben: Sie wollten den neuen Minister „so wenig wie möglich über solche Fakten zum Luftschlag informieren ..., die sie für ihre Position als nicht zielführend einschätzten“.
Oberst Klein werden in dem Bericht Verfahrensfehler angelastet, seine Entscheidung für den Luftschlag zum Schutz der Bundeswehrsoldaten wird allerdings als nachvollziehbar bewertet. Aus heutiger Sicht wäre ein Verzicht auf den Luftschlag „möglicherweise die bessere Wahl gewesen“, heißt es in dem Papier aber.
Der SPD-Verteidigungsobmann Rainer Arnold kritisierte die Bewertung scharf. „Sie zeigt, dass die Union nicht wirklich Interesse an Aufklärung hat“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Die Bombardierung sei ein „schwerwiegender Fehler“ und die Entlassung Wicherts und Schneiderhans durch Guttenberg „unwürdig“ gewesen. Der Grünen-Obmann Omid Nouripour sagte der dpa, er habe „selten eine solche Realitätsverweigerung in einem Dokument vorgefunden“. Die Koalition vollziehe mit diesem Dokument eindeutig den Zickzack-Kurs Guttenbergs.
Die Opposition wird ihre Bewertung der Kundus-Affäre voraussichtlich im August vorlegen. Im September wird der Untersuchungsausschuss dann abschließend beraten und im Oktober das Plenum des Bundestags. Das Bombardement wird dann schon mehr als zwei Jahre her sein.