US-Etatstreit: Einigung in letzter Minute
Washington (dpa) - Etat-Ringen bis zur letzten Minute: Nach tagelangem Verhandlungsmarathon in den USA haben Republikaner und Demokraten eine Pleite für Regierung und Staat abgewendet. Entgegen ersten Befürchtungen müssen nicht Hunderttausende Staatsbedienstete in Zwangsurlaub gehen.
„Ich freue mich mitteilen zu können, dass das Regierungsgeschäft geöffnet bleibt“, sagte Präsident Barack Obama Freitagabend kurz vor Mitternacht (Ortszeit) in Washington. Zuvor hatten sich beide Seiten im Parteienstreit um Einsparungen im US-Bundeshaushalt unnachgiebig gezeigt. Obama sprach von den größten Haushalts-Einsparungen in der US-Geschichte.
Am Samstag unterschrieb Obama zunächst eine einwöchige Zwischenfinanzierung, die das Parlament bereits in der vergangenen Nacht verabschiedet hatte. Die Einigung über Einsparungen bis zum Ende des Haushaltsjahres Ende September ist aber bereits grundsätzlich erreicht.
Republikaner und Demokraten verständigten sich auf Einsparungen in Höhe von 39 Milliarden Dollar (27 Milliarden Euro). Ursprünglich hatten die Republikaner Einsparungen in Höhe von 61 Milliarden durchsetzen wollen. Das Haushaltsjahr hatte bereits am 1. Oktober 2010 begonnen, doch der Etat war wegen des Sparstreits bisher nicht verabschiedet worden.
Nach Einschätzung Obamas, der sich aus dem Streit weitgehend herauszuhalten hatte, stehen schmerzhafte Einschnitte bevor. Doch angesichts der hohen US-Schulden seien diese unvermeidbar. Ausdrücklich lobte er den Kompromiss. „Heute sind Amerikaner verschiedener Ansicht zusammengekommen“, sagte er mit Blick auf die großen Differenzen zwischen beiden Lagern. Trotz des Sparens „schützen wir die notwendigen Investitionen, um die Zukunft zu gewinnen“.
Auch der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, sprach von Kürzungen historischen Ausmaßes. Die Einigung sieht im Einzelnen zunächst eine rund einwöchige Brückenfinanzierung vor, die Senat und Repräsentantenhaus noch in der Nacht verabschiedeten. Zudem wurde eine grundsätzliche Einigung bis zum Ende des Haushaltsjahrs Ende September erzielt, die in der kommenden Woche durch das Parlament soll.
Die Spitzen beider Parteien im Kongress hatten seit Tagen jeweils bis tief in die Nacht um einen Kompromiss gerungen. Dabei hatten neben dem Streit über den Umfang der Einsparungen zunehmend auch ideologische Differenzen wie etwa beim Thema Abtreibung eine Einigung zunächst verhindert.
Hätten es keine Einigung in letzter Minute gegeben, wären rund 800 000 Staatsbedienstete in den Zwangsurlaub geschickt worden. Viele Behörden hätten die Arbeit eingestellt, Amerikareisende hätten etwa kein Visum bekommen, Soldaten hätten verspäteten Sold erhalten, Museen und Nationalparks schließen müssen. Obama hatte gewarnt, dass dies die ohnehin schwache Wirtschaft schwer getroffen hätte. Es wäre die erste „Schließung der Regierung“ seit 15 Jahren gewesen.
Bereits seit sechs Monaten blieb die Regierung lediglich durch provisorische Brückenfinanzierungen flüssig. Angesichts des massiven Haushaltsdefizits von erwarteten 1,65 Billionen Dollar (1,15 Billionen Euro) bestanden die Republikaner auf massiven Kürzungen, auch in sozialen Bereichen wie der Gesundheitsfürsorge. Vor allem die radikale Tea-Party-Bewegung setzte den Verhandlungsführer der Republikaner, John Boehner, unter schweren Druck.
Zuletzt ging es aber eher um „ideologische Fragen“, wie Kommentatoren meinten. Ein Hauptstreitpunkt war die Forderung der Republikaner, dass die Familienplanungseinrichtung Planned Parenthood keine Staatsgelder mehr erhält, weil diese, so die Argumentation der Konservativen, für Abtreibungen verwendet werden könnten. Erst ganz zuletzt verzichteten die Republikaner darauf.
Doch die nächsten großen Probleme für Obama sind bereits in Sicht. Schon in Kürze beginnen die Beratungen über den Etat 2012, hier wollen die Republikaner die Axt noch stärker ansetzen.
Außerdem steht eine weitere Kraftprobe an: Die Gesamtverschuldung der USA beträgt derzeit mehr als 14,2 Billionen Dollar (rund 9,8 Billionen Euro). Die erlaubte Schuldenobergrenze liegt zurzeit bei 14,3 Billionen Dollar. Das Finanzministerium erwartet, dass diese Schallmauer im Mai durchbrochen wird - sollte der Kongress die Deckelung nicht anheben. Die Republikaner sind vehement dagegen.