US-Nachrichtenagentur AP vom US-Justizministerium ausspioniert

Washington (dpa) - Der geheime Staatszugriff auf Telefondaten der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) hat in den USA für Empörung gesorgt.

Bürgerrechtler, Pressevertreter und Politiker drückten am Dienstag ihren Unmut darüber aus, dass sich das US-Justizministerium heimlich Verbindungsdaten des Medienunternehmens verschafft haben soll. Nach Angaben von AP - einer der größten Nachrichtenagenturen der Welt - handelte es sich dabei um die Anruflisten von 20 Anschlüssen. Mehr als 100 Journalisten seien ausspioniert worden.

Justizminister Eric Holder bestätigte die Untersuchung. Er sprach von einem Fall von „sehr, sehr ernsthaftem“ Geheimnisverrat an die Medien. Im Zuge der strafrechtlichen Ermittlungen über das Leck in der Regierung sei er selbst von der Bundespolizei FBI befragt worden. Um einen persönlichen Konflikt zu vermeiden, habe er die Aufsicht über die Ermittlungen einem untergebenen Staatsanwalt übertragen. Holder betonte, den Zugriff nicht selbst angeordnet zu haben.

Betroffen waren nach Angaben der Nachrichtenagentur ihre Büros in New York, Washington, Hartford (Bundesstaat Connecticut) und im US-Repräsentantenhaus. Die Liste ausgehender Telefongespräche umfasse auch Daten von Privat- und Mobiltelefonen von Reportern. Dabei gehe es um Telefondaten aus den Monaten April und Mai 2012. AP-Präsident Gary Pruitt protestierte in einem Beschwerdebrief an Holder „mit allem Nachdruck gegen ein massives und noch nie dagewesenes Eindringen des Justizministeriums in die Aktivitäten der Associated Press zur Nachrichtenbeschaffung.“

Der Sprecher von US-Präsident Barack Obama, Jay Carney, sagte, das Weiße Haus könne wegen der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen keinen Kommentar zu dem Fall abgeben. Obama sei aber ein Verfechter der Pressefreiheit und glaube daran, dass Journalisten ungehinderten Zugang zu Informationen bekommen müssten. Auf der anderen Seite meine der Präsident aber auch, dass geheime Regierungsinformationen nicht öffentlich gemacht werden dürften. Dies sei wichtig für die nationale Sicherheit und den Schutz der Bürger.

AP stellte den Vorfall in einen möglichen Zusammenhang mit Ermittlungen zu einem Bericht über einen vereitelten Terroranschlag am 7. Mai 2012. In der Meldung waren Details über eine CIA-Aktion im Jemen genannt worden. Die Terrororganisation Al-Kaida soll damals versucht haben, eine Bombe in einem Flugzeug zu zünden. Die Behörden ermittelten nun, wer diese Informationen an AP weitergegeben habe, schrieb die Agentur am Dienstag. Sie habe etwas in ihrer rund 30-jährigen Karriere noch nie erlebt, sagte AP-Chefredakteurin Kathleen Carroll am Dienstag dem Sender MSNBC. „Wir finden das sehr besorgniserregend.“

Die Agentur sei erst vor wenigen Tagen von offizieller Seite über die Aktion informiert worden, so Pruitt in dem im Internet veröffentlichten Beschwerdebrief. Vermutlich sei Anfang 2013 bei Telefongesellschaften auf gespeicherte Daten zugegriffen worden. Bei den Daten handele es sich um Informationen über abgehende Telefonanrufe, schrieb AP. Nicht klar sei bislang, ob auch auf Informationen über Gesprächsdauer und ankommende Anrufe zugegriffen worden sei. Telefongespräche selbst seien vermutlich nicht abgehört worden. Die Angaben der Regierung deuteten zumindest nicht darauf hin.

Mit den Daten könne die Regierung auch Informationen über die vertrauliche Kommunikation mit besonders geschützten Quellen bekommen, beklagt die Agentur. „Wir betrachten diese Handlung des Justizministeriums als ernsthaften Eingriff in APs verfassungsmäßiges Recht, Nachrichten zu sammeln und zu berichten.“ Die Regierung habe sich in diesem Fall auf eine Ausnahme berufen. Die Benachrichtigung könne entfallen, wenn die Ermittlungen dadurch gefährdet würden.

Die oppositionellen Republikaner forderten Holders Rücktritt. Der Minister habe das öffentliche Vertrauen in „unerhörter“ Weise verletzt und die Verfassung missachtet, sagte Parteichef Reince Priebus laut einer Mitteilung. Carney betonte, der Präsident habe „Vetrauen“ in den Staatsanwalt.

Der Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Hendrik Zörner, sagte „heute.de“, eine Aktion wie die des US-Ministeriums sei auch nach deutschem Recht möglich, wenn ein Richter ihr zustimme. AP ist Partner der Deutschen Presse-Agentur dpa.