US-Präsident Barack Obama überraschend in Afghanistan
Washington (dpa) - Symbolträchtiger könnte der Zeitpunkt kaum sein: Genau ein Jahr nach der Tötung des Terrorchefs Osama bin Laden durch ein US-Kommando fliegt US-Präsident Barack Obama in einer Nacht- und Nebelaktion nach Afghanistan, große TV-Ansprache inklusive.
Obama wollte sich dort mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai treffen, um das Abkommen für eine strategische Partnerschaft beider Länder zu unterzeichnen, hieß es in einem Bericht mitreisender Journalisten, der vom Weißen Haus veröffentlicht wurde. Die Reise fand pünktlich zum Jahrestag der Tötung des Terroristenchefs Osama bin Laden durch ein US-Spezialkommando in Pakistan statt und war bis zuletzt strengstens geheim gehalten worden.
Obama sei in der abendlichen Dunkelheit auf der US-Basis in Bagram gelandet und zum Präsidentenpalast nach Kabul weitergefahren. Dieser dritte Besuch in dem Land seit seinem Amtsantritt 2009 findet unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt. Erste Berichte in afghanischen Medien über eine mögliche Ankunft Obamas waren noch Stunden zuvor vom Weißen Haus dementiert worden. Der US-Präsident wollte sich noch in der Nacht (0130 MESZ) in einer Fernsehansprache an die amerikanische Bevölkerung wenden.
Laut mitreisenden Regierungsbeamten wurde der Zeitpunkt der Reise nur vom Abschluss der Verhandlungen über das strategische Abkommen bestimmt. Beide Länder hatten sich Ende April nach mehr als eineinhalb Jahren auf den Vertrag geeignet - rund einen Monat vor dem Nato-Gipfel in Chicago, wo der Anti-Terror-Einsatz der internationalen Truppen zu den bestimmenden Themen zählen wird.
Es wurde erwartet, dass Obama und Karsai das Abkommen in einer feierlichen Zeremonie unterschreiben. Das solle Solidarität zwischen zwei Präsidenten zeigen, deren Beziehung in den vergangenen Jahren häufig von Missstimmungen gekennzeichnet war, hieß es in Berichten von Reportern aus Kabul.
Über konkrete Inhalte des Abkommens ist bislang wenig bekanntgeworden. Er soll die militärische und finanzielle Unterstützung der USA für Afghanistan und die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern nach dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2014 regeln. Die Verhandlungen waren schwierig. Das Abkommen hatte ursprünglich bereits im vergangenen Herbst unterschriftsreif sein sollen.
Zentrale Sicherheitsaspekte wurden nach Angaben aus der afghanischen Regierung ausgeklammert. Diese Punkte sollen innerhalb eines Jahres im Rahmen eines separaten Vertrages ausgehandelt werden. Schlüsselfragen wie die Nutzung von Militärbasen durch die USA seien zu kompliziert gewesen.
Obama sollte in Afghanistan auch mit US-Soldaten zusammentreffen, die in Bagram stationiert sind. Seinem Besuch wird einem halben Jahr vor der Präsidentenwahl, bei der er für eine zweite Amtszeit antritt, auch große symbolische Bedeutung eingeräumt.