USA: Eine Weltmacht schwächelt
In Sachen Wirtschaftswachstum haben die Deutschen die Amerikaner schon überholt. Der Einfluss Washingtons wird weiter sinken.
Washington/Berlin. „Wenn die US-Wirtschaft hustet, bekommen Europa und Deutschland eine Lungenentzündung“ — diese Faustformel galt über Jahrzehnte. Deshalb wurde das innenpolitische Gezerre in den USA um das Ausmaß der Staatsschulden weltweit mit Spannung beobachtet.
Die Sorge: Jedes größere amerikanische Problem könnte quasi automatisch zu einem Problem für die Weltwirtschaft werden. Die wichtigsten Antworten dazu:
Die US-Wirtschaft schwächelt schon seit Jahren. Schon vor der Rezession 2009 wies die Volkswirtschaft relativ geringe Wachstumsraten auf: 2,7 Prozent 2006, 1,9 Prozent 2007 — und dann Stagnation 2008. Nach dem Einbruch 2009 hielt sich das Wachstumstempo ebenfalls in Grenzen, und das, obwohl die Regierung von Präsident Barack Obama sowie die Notenbank Fed Milliarden und Abermilliarden an frischem Geld in den Kreislauf pumpten, um die Wirtschaft in Gang zu bringen.
Bislang einziges Ergebnis: Ein wachsender Schuldenberg und steigende Inflation. Aktuelles Symptom: Die Arbeitslosigkeit liegt bei mehr als neun Prozent.
Aktuell keine — im Gegenteil: In Deutschland läuft, mit Wachstumsraten von mehr als drei Prozent 2010 und 2011, ein stabiler Aufschwung. Damit hat die größte europäische Volkswirtschaft die Amerikaner in puncto Konjunktur überholt.
Die USA sind immer noch die Wirtschaftsmacht Nummer 1 in der Welt. Aber ihre relative Bedeutung nimmt ab. Mitte der 80er Jahre und dann noch einmal zu Beginn des neuen Jahrtausends hatten die USA noch einen Anteil von rund einem Drittel an der weltweiten Wirtschaftsleistung. Der ist inzwischen auf rund 23 Prozent gesunken.
Nach den Prognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF) dürfte der Anteil im Jahr 2016 nur noch bei etwas mehr als 20 Prozent liegen. Auf längere Sicht dürften sich die Gewichte noch dramatischer verschieben: China gilt auf längere Sicht als neue Nummer eins in der Weltwirtschaft; auch Indien und andere asiatische Volkswirtschaften wie Malaysia und Indonesien gewinnen an Gewicht.
Ganz klar die Größe und die Leistungsfähigkeit von Staat und Ökonomie in den Vereinigten Staaten. „Anders als Griechenland stehen die Amerikaner nicht vor der Pleite“, urteilt Martin Hüfner, der frühere Chefsvolkswirt der Hypovereinsbank.
Selbst wenn sich Obama und die Republikaner nicht geeinigt hätten, wären die USA nicht wirklich bankrott gewesen. Sie hätten nur keine Kredite mehr aufnehmen dürfen. Der Ökonom erinnert an 1995, als Präsident Bill Clinton in einer ähnlichen Situation für mehrere Wochen Staatsbeschäftigte in Zwangsurlaub schicken musste, die Schulden aber weiter bedient wurden.