Sanktionen verschärft USA und China rücken im Atomkonflikt mit Nordkorea zusammen
New York/Peking (dpa) - Aus Sorge vor einer wachsenden atomaren Bedrohung durch Nordkorea ziehen die USA und China zunehmend an einem Strang. Beide Seiten hatten wochenlang verhandelt, ehe der UN-Sicherheitsrat am Samstag einstimmig die bisher schärfsten Wirtschaftssanktionen gegen Pjöngjang verhängte.
Der chinesische UN-Botschafter Liu Jieyi verzichtete in der Sitzung in New York darauf, die neuen Ausfuhrverbote auf Kohle, Eisen, Blei und andere Rohstoffe mit seinem Veto zu stoppen.
China ist wichtigster Verbündete und Handelspartner des ansonsten weitgehend isolierten, kommunistisch geführten Staates. Auch für den Import von Lebensmitteln und Energie ist Nordkorea auf sein Nachbarland angewiesen. Pekings Rolle ist entscheidend beim Versuch, Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un vom Bau einer nuklear bestückten Interkontinentalrakete abzuhalten, die das amerikanische Festland und Großstädte Los Angeles, Denver oder Chicago treffen kann.
Es ist die achte UN-Resolution im Zusammenhang mit Nordkoreas Atom- und Raketentests seit dem Jahr 2006. Wirkung gezeigt hat bisher keine von ihnen - Pjöngjang setzte seine Tests und sein Atomprogramm trotz aller Warnungen bisher fort.
Mit den neuen Sanktionen würden die ohnehin schon mageren Exporterlöse Nordkoreas nach US-Angaben um eine Milliarde Dollar (850 Millionen Euro) und so mindestens um ein Drittel gekürzt. Die USA hatten auf noch härtere Schritte gedrängt - etwa, den Zugang zu Geld- und Ölquellen im Ausland ganz zu kappen -, konnten sich damit aber nicht durchsetzen. Ob Pjöngjang durch den wirtschaftlichen Druck an den Verhandlungstisch gebracht werden kann, ist offen.
Washington hatte Peking in Diskussionen über die Strategie gegenüber Nordkorea zuletzt auch direkt unter Druck gesetzt. Die USA belegten die chinesische Bank of Dandong vor einer Woche mit Sanktionen, die mit Nordkorea illegalen Handel treibt. Zudem verhängten sie Strafmaßnahmen gegen zwei Chinesen und ein Schiffsunternehmen. Die Maßnahme sei aber nicht gegen China gerichtet, sondern ziele auf Nordkorea, sagte Finanzminister Steve Mnuchin.
US-Präsident Donald Trump schien die Abstimmung, bei der Russland ebenfalls kein Veto einlegte, am Wochenende auch als eigenen Erfolg zu feiern. „China und Russland haben mit uns gestimmt. Sehr große finanzielle Wirkung!“, schrieb Trump auf Twitter. Nach seinem Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping im April in Mar-a-Lago schien er zunächst zuversichtlich, auf dessen Hilfe setzen zu können, zeigte sich dann aber enttäuscht, dass China nicht erfolgreich Druck ausübe.
„Unser Ziel ist es, alle in den Atomkonflikt involvierten Parteien an den Verhandlungstisch zurückzubringen und in Gesprächen Lösungen für eine Denuklearisierung Nordkoreas zu finden“, sagte Chinas Außenminister Wang Yi am Rande eines Treffens der Gemeinschaft Südostasiatischer Staaten (Asean) in Manila. In New York drängte UN-Botschafter Liu die nordkoreanische Führung, „Handlungen zu unterlassen, die Spannungen weiter steigern“.
China befindet sich im Nordkorea-Konflikt in einer misslichen Lage. „Chinesische Anführer empfinden keine Liebe für Kim Jong Uns Regime oder dessen Nuklearwaffen, aber die Aussicht auf den Kollaps Nordkoreas und die Vereinigung der Koreanischen Halbinsel mit Seoul als Hauptstadt missfällt ihnen noch mehr“, schreibt Richard Haass, Präsident des Council on Foreign Relations in New York.
Ein wirtschaftlicher Zusammenbruch Nordkoreas könnte Hunderttausende Flüchtlinge über die Grenze nach China treiben, wo sie schon jetzt ein wachsendes Problem darstellen. Schätzungen zufolge leben bis zu 200 000 nordkoreanische Flüchtlinge heimlich in China. Peking stuft die ankommenden Flüchtlinge als illegale „Wirtschaftsmigranten“ ein und führt sie regelmäßig nach Nordkorea zurück. Dort sind sie der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zufolge Folter, sexueller Gewalt und Missbrauch, Haft in Arbeitslagern und öffentlichen Hinrichtungen ausgesetzt.
Hinzu kommt, dass ein Kollaps Nordkoreas den Einfluss der USA in der Region deutlich vergrößern würde. In Südkorea sind derzeit rund 29 000 US-Soldaten stationiert, die mit südkoreanischen Truppen regelmäßig Militärübungen abhalten. Das um Stabilität in der Region bemühte China betrachtet diese Übungen, die vor allem Nordkorea abschrecken sollen, als Eskalation und unnötige Provokation.
Bisher war Nordkorea in der Lage, sein Atom- und Raketenprogramm trotz bestehender Sanktionen zu finanzieren. Neben dem Handel mit China verdient Nordkorea vor allem am Verkauf von Waffen in Asien, Afrika und dem Nahen Osten sowie dem Bau militärischer und Sicherheitsanlagen in Afrika, heißt es in einem Expertenbericht des UN-Sicherheitsrats vom Februar.
Zudem hat das 25 Millionen Einwohner zählende Land UN-Angaben zufolge rund 50 000 Zwangsarbeiter ins Ausland geschickt, um Geld für ihren Heimatstaat zu verdienen. Berichten zufolge landen sie vor allem in China und Russland, um unter erschreckenden Bedingungen im Bergbau oder der Holz-, Textil- und Bauindustrie zu arbeiten. Auch in Afrika und Golfstaaten sollen sie angestellt sein. Laut UN-Zahlen von 2015 erzielt Nordkorea durch diese Arbeiter jedes Jahr Einnahmen von bis zu 2,3 Milliarden Dollar (1,9 Mrd Euro). Die neue UN-Resolution schafft für die Entsendung dieser Arbeiter nun höhere Hürden.
Die UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, sprach von der „härtesten Reihe an Sanktionen gegen irgendein Land in einer Generation“ und gegenüber CNN von einem „Schlag in die Magengrube“. Das Auswärtige Amt begrüßte den Schritt des Sicherheitsrats. „Nordkorea verstößt mit seinen verantwortungslosen Raketentests gegen geltendes Völkerrecht und bedroht damit den regionalen und internationalen Frieden“, hieß es aus Berlin.