Venezuelas Gerichtshof stoppt Parlamentsarbeit

Caracas (dpa) - Venezuela steht vor einer Zerreißprobe: Der Oberste Gerichtshof hat alle Handlungen des von der Opposition dominierten Parlaments für nichtig erklärt.

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Mit der Entscheidung folgte der Oberste Gerichtshof einem Einspruch der Sozialisten von Präsident Nicolás Maduro, wonach drei Sitze in der neuen Nationalversammlung nicht rechtmäßig vergeben worden seien. Die Sozialisten werfen der Opposition vor, die Mandate durch Stimmenkauf errungen zu haben.

Ohne diese Mandate würde das Bündnis Mesa de la Unidad Democrática (MUD/Tisch der Demokratischen Einheit) seine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament verlieren - mit dieser können die Abwahl Maduros und Verfassungsreformen eingeleitet werden. Zudem könnten Richter am Obersten Gerichtshof und der Generalstaatsanwalt entlassen werden.

Der Gerichtshof erklärte alle Gesetzesinitiativen für „absolut nichtig“, solange die drei Oppositionsabgeordneten weiter ihre Mandate wahrnehmen. Das bis dahin von den Sozialisten dominierte Parlament hatte bei der letzten Sitzung des alten Parlaments vor Weihnachten im Eilverfahren 13 neue Richter für den Obersten Gerichtshof bestimmt. Anschließend untersagte der Gerichtshof, dass die betreffenden zwei Abgeordneten aus dem Amazonasgebiet und ein Vertreter der indigenen Minderheiten ihre Mandate antreten dürfen.

Das wurde aber ignoriert. Bei der konstituierenden Sitzung am 5. Januar legten Julio Haron Ygarza, Nirma Guarulla und Romel Guzama ihren Eid ab. Der MUD, ein Sammelbecken aus konservativen, sozialdemokratischen, liberalen und indigenen Parteien, verfügt damit bisher über 112 der 167 Sitze. Der Vizepräsident des Parlaments, Simón Calzadilla, wies in der Zeitung „El Nacional“ den Richterspruch als politisch motiviert zurück. Man werde die Arbeit mit den 112 Abgeordneten der Opposition fortsetzen. Als symbolischen Akt hatte die Opposition im Parlament Bilder des gestorbenen Präsidenten und Begründers des Projekts eines „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“, Hugo Chávez, abgehängt, was die Stimmung weiter anheizte.

Mit der Zweidrittel-Mehrheit (ab 111 Sitze) kann die Opposition eine Zeitenwende im seit 16 Jahren sozialistisch regierten Land mit den größten Ölreserven der Welt einleiten und Reformen zurückdrehen. Als eine der ersten Initiativen möchte das MUD-Bündnis ein Amnestiegesetz einbringen, um die Freilassung inhaftierter Regierungskritiker zu erreichen. Das Land leidet unter Misswirtschaft, hohen Mordraten und der weltweit höchsten Inflation. Hinzu kommt der tiefe Sturz des Ölpreises, der die Fortführung von Sozialprogrammen erschwert.