Vermehrte Hinweise auf Chemiewaffeneinsatz in Syrien
Washington (dpa) - Die US-Geheimdienste haben offenbar konkrete Hinweise auf einen Chemiewaffeneinsatz des Regimes in Syrien.
Es könne mit „unterschiedlichen Graden der Sicherheit“ gesagt werden, dass das Gift „in einem kleinen Maßstab“ zur Verwendung gekommen sei, heißt es in einem Brief des Weißen Hauses an den Kongress in Washington, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Es handele sich dabei wahrscheinlich um das Nervengift Sarin. US-Außenminister John Kerry sprach konkret von zwei Fällen, ohne nähere Details zu nennen.
Es sei aber nicht absolut sicher, dass Machthaber Baschar al-Assad tatsächlich Gift gegen die Rebellen eingesetzt habe. Auch sei nicht klar, unter welchen Bedingungen dies geschehen sein könnte. „Wir glauben, dass jeder Einsatz von Chemiewaffen in Syrien wahrscheinlich vom Assad-Regime ausging“, heißt es zwar in dem Brief aus dem Weißen Haus. Ein Regierungsbeamter betonte aber, es müssten zunächst eindeutige Beweise dafür vorliegen. „Da die Situation sehr ernst ist, reichen Geheimdiensteinschätzungen allein nicht aus“, sagte er.
Auch die britische Regierung hat nach eigenen Angaben „begrenzte aber überzeugende Informationen“, dass in Syrien chemische Waffe zum Einsatz gekommen seien. Bereits am Dienstag hatte die israelische Armee von Beweisen für eine Verwendung solcher Stoffe durch die Regierungstruppen gesprochen.
Der US-Beamte verwies auf frühere Erfahrungen mit Geheimdienstinfos, ohne ausdrücklich die Fehleinschätzung über Massenvernichtungswaffen vor dem Irakkrieg zu nennen. Präsident Barack Obama hatte dem syrischen Präsidenten Assad mit weitreichenden Konsequenzen im Falle eines Chemiewaffeneinsatzes gedroht. Die „rote Linie“ gelte auch, wenn das Gift an Terroristen weitergereicht werde, sagte der Regierungsbeamte. Das Weiße Haus wolle, dass die Vereinten Nationen eine umfassende Überprüfung der Hinweise durchführen.
Sobald ein definitiver Beweis für den Chemiewaffeneinsatz vorliege, würden die USA mit ihren Alliierten über Konsequenzen beraten. „Alle Optionen liegen auf dem Tisch“, sagte der Beamte. Es gebe weitere Maßnahmen über die derzeitigen diplomatischen und humanitären Mittel hinaus. Experten gehen davon aus, dass die USA ähnlich wie zuletzt in Libyen auf einen gemeinsamen, internationalen Militäreinsatz setzen würden. Dafür müsse aber der Widerstand von Russland und China überwunden werden.
Mehrere US-Senatoren beider Parteien sagten, dass die „rote Linie“ nun überschritten sei und Obama handeln müsse. Der Republikaner John McCain forderte eine Flugverbotszone über Syrien. Die Demokratin Dianne Feinstein befürchtet nach eigenen Angaben, dass Assad am Ende sei und daher nun nach dem Äußersten greife.