Viele Tote bei neuen Kämpfen in der Ostukraine

Kiew/Donezk (dpa) - Neue blutige Kämpfe mit zahlreichen Toten und Verletzten haben die Ostukraine auch nach den umstrittenen Wahlen prorussischer Separatisten erschüttert.

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Im Gebiet Lugansk seien bei einem Artillerieangriff zwölf Zivilisten in dem Dorf Frunse getötet worden, teilten die Aufständischen mit. Der Sicherheitsrat in Kiew sprach am Mittwoch von zwei toten Soldaten und neun Verletzten. Auch der Stadtrat von Donezk beklagte Artilleriefeuer. Ein Zivlist sei getötet worden. Es gab auch vier Verletzte, wie die Behörde mitteilte.

Umkämpft seien noch immer der Flughafen und die nordwestlichen Vororte der Gebietshauptstadt Donezk, hieß es. Der Sicherheitsrat in Kiew kritisierte weitere Truppenbewegungen von russischem Territorium aus in die Ukraine. Russland weist solche Berichte zurück.

Zwei Monate nach Beginn einer Waffenruhe beklagte Kremlchef Wladimir Putin eine Fortdauer des „Bürgerkrieges“ im Konfliktgebiet. „Ungeachtet der Minsker Vereinbarungen werden weiter friedliche Orte beschossen und sterben noch immer friedliche Bürger“, sagte Putin. Der „Bürgerkrieg“ direkt an den Grenzen Russlands setze sich fort.

Die ukrainische Seite und die prorussischen Separatisten hatten Anfang September in der weißrussischen Hauptstadt Minsk unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine Feuerpause sowie weitere Schritte für einen Friedensplan vereinbart. Aus Protest gegen die Wahlen in den Separatistengebieten am Sonntag hatten führende ukrainische Politiker die Minsker Beschlüsse für ungültig erklärt.

Regierungschef Arseni Jazenjuk kündigte die Einstellung aller Zahlungen an die Separatistengebiete an. „Sobald die russischen Terroristen aus den Donezker und Lugansker Gebieten verschwinden, werden wir jedem die Gelder zahlen“, sagte der 40-Jährige auf einer Regierungssitzung. Rentner können bereits seit Monaten ihr Geld nur in den von Kiew kontrollierten Gebieten erhalten. Strom, Wasser- und Gaslieferungen sollen aber vorerst nicht abgestellt werden.

Der prowestliche Präsident Petro Poroschenko hatte eine Verstärkung der Armee angekündigt. So sollen mögliche Vorstöße der Separatisten in Richtung der Hafenstadt Mariupol oder nach Charkow sowie in den Norden des Lugansker Gebietes verhindert werden. Die Separatisten hatten mit diesen Angriffen gedroht. Sie sehen sich nach ihren Wahlen vom Sonntag gestärkt.

Russland hatte die Abstimmung über Parlamente und „Republikchefs“ in Lugansk und Donezk gegen internationalen Protest anerkannt. Die EU und die USA haben Russland wegen seiner Ukraine-Politik mit folgenreichen Wirtschaftssanktionen belegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel will Strafmaßnahmen gegen weitere Einzelpersonen prüfen. „Wir sollten uns noch einmal anschauen, was die Listung von bestimmten Persönlichkeiten angeht, die jetzt Verantwortung in der Ostukraine haben aufgrund dieser illegitimen Wahlen“, sagte Merkel in Berlin.

Mit Blick auf die Wirtschaftssanktionen gegen Russland betonte sie: „Wir würden die Sanktionen gerne aufheben, aber diese Situation sehe ich nicht.“ Die Wahlen stünden nicht im Einklang mit dem Minsker Abkommen. Es müsse schnellstmöglich zum Waffenstillstand kommen. Zugleich kündigte sie humanitäre Hilfe für die Ostukraine an. „Wir müssen jetzt alles daran setzen, dass die Menschen den Winter überhaupt überstehen können.“

Entspannung gab es dagegen im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine. Die EU-Kommission begrüßte die erste Zahlung der Gasschulden der Ukraine an Russland. Der neue für die Energieunion zuständige EU-Kommissar Maros Sefcovic sagte in Brüssel, er sei „erleichtert“. Der ukrainische Gasversorger Naftogaz habe das Feilschen beendet und die erste Tranche von 1,45 Milliarden Dollar (1,16 Mrd. Euro) seiner Schulden an den russischen Energieriesen Gazprom überwiesen.

„Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Energieversorgung der Bürger und Unternehmen in der Ukraine sowie in der Europäischen Union zu sichern“, sagte Sefcovic. Unter Vermittlung der EU hatten sich die Ukraine und Russland in der vergangenen Woche auf ein Winterpaket geeinigt und ihren monatelangen Streit vorerst beigelegt.