Vor Krisengipfel in Minsk Feuerpause vereinbart
Moskau/Minsk (dpa) - Vor dem geplanten Krisengipfel in Minsk ist laut russischer Nachrichtenagentur Tass eine Feuerpause und ein Rückzug schwerer Waffen für die Ostukraine vereinbart worden.
Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande wollen in der weißrussischen Hauptstadt an diesem Mittwoch zu einem Gespräch mit Kremlchef Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Petro Poroschenko zusammentreffen.
Unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Informanten schrieb Tass, die Konfliktparteien hätten die Einigung bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe am Dienstagabend in Minsk erzielt. Vermittelt habe die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Eine Bestätigung gab es dafür zunächst aber nicht.
Den Berichten zufolge war der ukrainische Ex-Präsident Leonid Kutschma mit einem Mandat der proeuropäischen Führung in Kiew nach Minsk gereist. Aus den nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine befanden sich die Separatistenvertreter Wladislaw Dejnego sowie Puschilin vor Ort. An den Gesprächen nahmen auch der russische Diplomat Michail Surabow und Heidi Tagliavini von der OSZE teil.
Die Teilnehmer hätten nach etwa zwei Stunden den Tagungsort in der weißrussischen Hauptstadt Minsk zunächst verlassen, berichteten örtliche Medien. Ob und wann die Verhandlungen fortgesetzt werden, war zunächst unklar. „Wir haben Vorschläge unterbreitet und erwarten die Antwort nach der Pause“, sagte der Vertreter der prorussischen Separatisten, Denis Puschilin.
Nach jüngsten Geländegewinnen der Aufständischen hatten Vertreter der Regierungstruppen mehrfach Unzufriedenheit mit der Armeeführung geäußert. Präsident Poroschenko warf feindlichen Kämpfern vor, Stellungen der Armee mit russischen Raketenwerfen nahe Kramatorsk angegriffen zu haben. Dabei seien mindestens 15 Zivilisten getötet und 26 verletzt worden, teilte die Donezker Gebietsverwaltung mit. Auf dem örtlichen Militärflughafen wurden zudem 38 Soldaten verletzt. Die Aufständischen wiesen die Vorwürfe zurück.
Bei der Hafenstadt Mariupol im Süden des Landes hatten ukrainische Einheiten zudem eine Offensive gegen prorussische Separatisten. „Wir wollen die Aufständischen von Positionen zurückdrängen, von denen sie in die Stadt feuern können“, sagte Militärsprecher Andrej Lyssenko.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) äußerte sich besorgt, dass das Treffen in Minsk noch durch neue Gewaltakte in der Ukraine verhindert werden könnte. Das Gipfeltreffen in Minsk gilt als entscheidend für die Zukunft der Ostukraine. Dass es zustande kommt, war auch bis zuletzt noch nicht garantiert. Russland teilte mit, es rechne mit den Gesprächen. „Die Vorbereitungen laufen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau.
US-Präsident Barack Obama und Poroschenko zeigten sich nach Angaben des Weißen Hauses bei einem Telefonat einig, dass Russland die Bedingungen des Minsker Abkommens vom September einhalten müsse. Obama versicherte, dass die USA dem krisengeschüttelten Land in Absprache mit anderen Partnern weiterhin mit Finanzhilfen zur Seite stünden.
In einem weiteren Telefonat mit Putin forderte Obama auf, die Chance zu einer friedlichen Beilegung des Konfliktes zu nutzen. Obama habe „die Wichtigkeit betont, eine Verhandlungslösung zu erreichen und umzusetzen, die auf die Verpflichtungen des Minsker Abkommens aufbaut“, teilte das Weiße Haus mit. Sollte Russland aber seine „aggressiven Taten“ in der Ukraine fortsetzen, würden Moskaus „Kosten“ dafür steigen. Konkret warf der US-Präsident Putin vor, Truppen, Waffen und finanzielle Mittel in die Ukraine zu senden, um die Separatisten zu unterstützen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow kritisierte die vom Westen angedrohten neuen Sanktionen und erwogenen Waffenlieferungen im Ukraine-Konflikt als weiteren Versuch einer Destabilisierung. „Russland ist ein Land, das wirklich an der Lösung der Krise interessiert ist“, sagte der Kremlsprecher. „Alle anderen Pläne einer Verschärfung der Sanktionen, einer Isolation (Russlands), einer Lieferung von Waffen und so weiter - das alles sind leider Schritte einer Destabilisierung der Lage in der Ukraine“, meinte er.