Nachfolger in der Downing Street? Was man über den Brexit-Hardliner Boris Johnson wissen muss

London · Der Brexit-Hardliner Boris Johnson will die Nachfolge der scheidenden britischen Premierministerin Theresa May antreten. Ein Überblick darüber, wie er bis hierhin gekommen ist.

Boris Johnson, ehemaliger Außenminister von Großbritannien und Kandidat um das Rennen des Parteichefs der Tories.

Foto: dpa/Peter Byrne

Er ist unverkennbar mit seinem strohblonden Haarschopf: Der Brexit-Hardliner Boris Johnson will die Nachfolge der scheidenden britischen Premierministerin Theresa May antreten - als neuer Parteichef der konservativen Tories und in der Folge auch als Regierungschef. Johnson hat einige politische Erfolge vorzuweisen, sich mit seiner polternden Art und verbalen Ausrutschern aber auch Feinde gemacht.

Johnson, von vielen einfach nur "Boris" genannt, wurde 1964 in New York als Alexander Boris de Pfeffel Johnson geboren. Schon als Kind habe er den Wunsch geäußert, einmal "König der Welt" zu werden, verriet seine Schwester Rachel dem Biographen Andrew Gimson. Ihr Bruder Boris erhielt als Schüler ein Stipendium für die Eliteschule Eton, las an der Universität Oxford Klassiker und war dort Mitglied in dem für sein Rowdytum bekannten Bullingdon Club.

Nach dem Studium wurde Johnson Journalist - und von der Zeitung "The Times" nach einem Jahr gefeuert, weil er Zitate fälschte. Dann arbeitete er für "The Daily Telegraph", war Redakteur für das Magazin "Spectator" und verfasste mehrere Geschichtsbücher.

Von 1989 bis 1994 Brüsseler Korrespondent für den "Telegraph" machte er sich über EU-Institutionen und angebliche EU-Beschlüsse lustig. In Brüssel zerbrach die Ehe mit seiner ersten Frau Allegra Mostyn-Owen. Er heiratete seine Jugendfreundin Marina Wheeler, mit der er vier gemeinsame Kinder hat. Das Paar trennte sich 2018.

Seine politische Karriere begann Johnson 2001 als Abgeordneter. Sein politisches Geschick bewies er 2008 und 2012 durch die zweimalige Wahl zum Bürgermeister von London - einer normalerweise eher links wählenden, kosmopolitischen Stadt.

International gewann er durch die Organisation der Olympischen Spiele in London 2012 an Profil. Kritiker werfen ihm allerdings vor, sein Erbe als Bürgermeister beschränke sich auf eine bessere Verkehrsinfrastruktur für Fahrradfahrer.

Ein Jahr vor dem Ende seiner Amtszeit als Bürgermeister kehrte Johnson 2015 als Abgeordneter ins Unterhaus zurück. Seine Entscheidung, die Brexit-Kampagne zu unterstützen, gilt als Wendepunkt in den Austrittsbestrebungen des Vereinigten Königreichs, und führte zum Sieg der Brexit-Befürworter. Die Entscheidung brachte ihm aber auch Kritik wegen irreführender Behauptungen ein.

Bereits nach seinem Triumph beim Brexit-Votum galt Johnson als Favorit für den Posten des Premierministers - doch grätschte ihm sein bis dahin engster Unterstützer Michael Gove dazwischen, in dem er selbst seine Kandidatur verkündete.

Seine Ernennung zum Außenminister im Jahr 2016 galt den einen als gewiefter Schachzug der neuen Premierministerin May - wurde angesichts früher undiplomatischer, teils rassistischer Bemerkungen Johnsons unter anderem über Ex-US-Präsident Barack Obama von anderen aber als ungeschickt gewertet. Das Institut Chatham House bezeichnete Johnson als den "erfolglosesten" britischen Außenminister seit dem Zweiten Weltkrieg: Wo Ernsthaftigkeit und Detailgenauigkeit erforderlich gewesen seien, habe Johnson Sprüche geklopft. Im Sommer vergangenen Jahres trat er aus Verärgerung über Mays Brexit-Kurs zurück.

Obwohl Johnson im Rennen um die Parteiführung von Anfang an als haushoher Favorit gehandelt wurde, fürchtete sein Team, er könnte es mit seinem unvorhersehbaren Verhalten noch vermasseln. Er mied deshalb zunächst die mediale Bühne - das brachte ihm jedoch den Vorwurf ein, seine als zu vage kritisierte Vision vom Brexit einer genauen Prüfung durch die Öffentlichkeit entziehen zu wollen.

Vor wenigen Wochen machte Johnson dann auch noch mit seinem Privatleben Schlagzeilen. Ein nächtlicher Streit mit seiner Lebensgefährtin rief die Polizei auf den Plan und dominierte alle Titelseiten. Die Parteibasis ließ der Vorfall aber weitestgehend kalt.

Die Tory-Mitglieder wollen vor allem eins: den Brexit durchziehen. Johnson gibt sich diesbezüglich hart. Er bekräftigte vor kurzem in einem TV-Duell mit seinem Widersacher, dem amtierenden Außenminister Jeremy Hunt, er werde Großbritannien zum 31. Oktober aus der EU führen - notfalls auch ohne Abkommen mit der EU.

(AFP)