Ringen in Brüssel Es geht nicht um Ursula von der Leyen, es geht ums Prinzip
Meinung | Berlin/Brüssel · Es wird ja in der Union jetzt so getan, als sei Ursula von der Leyen die größte aller deutschen Politikerinnen. Die Wahrheit ist: Die 60jährige absolvierte in Berlin zuletzt nur noch eine Restlaufzeit als glücklose Ministerin.
Auf dem CDU-Parteitag gaben ihr im Dezember lediglich 57,4 Prozent die Stimme als stellvertretende Vorsitzende. Mag sein, dass sich die Niedersächsin im Brüsseler Job als Talent entpuppt. Europäisch, weltoffen und modern ist sie. Aber das sind andere auch.
Ohnehin geht es heute bei der Abstimmung nur in zweiter Linie um die Person. Es geht ums Prinzip. Die Staatschefs haben wie einst die Kurfürsten entschieden: Lasst den Schwächsten König werden. Keinen Spitzenkandidaten, nicht mal einen ehemaligen Regierungschef. Von der Leyen ist ein Vorschlag von Macrons und Orbans Gnaden. Womöglich, wenn es ganz schlimm kommt, auch von Gnaden der rechten Kräfte im Parlament.
Im Grunde geht es um die alte Frage: Ist dies nur ein Europa der nationalen Regierungen. Oder mindestens auch ein gemeinsames Europa des Volkes, also des Parlaments. Diese Frage ist nicht entschieden; sie wird auch nicht so schnell entschieden werden. Jetzt aber ist die Lage so, dass ein Ja zum provokanten Vorgehen der Staatschefs die Gewichte verschieben würde. Deshalb sollte das Parlament deutlich machen, dass es kein Abnickverein ist.
Erst recht nicht, nachdem die Wahlbeteiligung am 26. Mai so hoch war. Dann muss der Rat eben noch einmal tagen und kommt vielleicht zu einem weiseren Vorschlag. Von der Leyen würde eine Niederlage aushalten. Sowieso stand ab Ende 2021 nur noch das Hobby Reiten auf ihrem weiteren Lebensplan.