Wikileaks-Informant Manning droht lebenslange Haft
Fort Meade (dpa) - Dem mutmaßlichen Wikileaks-Informanten Bradley Manning droht lebenslange Haft. Das Militärgericht in Fort Meade bei Washington lehnte am Donnerstag einen Antrag der Verteidigung ab, den Anklagepunkt „Unterstützung des Feindes“ (Aiding the enemy) zu streichen.
Der US-Geheimdienstexperte Edward Snowden wartet weiter auf vorläufiges Asyl in Russland und erwägt offenbar seine Weiterreise nach Lateinamerika.
Der 25-jährige US-Obergefreite Manning hat bereits gestanden, 2010 Hunderttausende geheimer US-Militärdokumente an die Internet-Plattform Wikileaks weitergereicht zu haben. Der Prozess, der Anfang Juni begonnen hatte, dürfte in Kürze enden.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte die Entscheidung als „irrsinnig“. Das Gericht tue so, als könne eine Veröffentlichung von Informationen im Internet „durch Wikileaks, in einem persönlichen Blog oder auf der Webseite der "New York Times" einer Unterstützung des Feindes gleichkommen“, heißt es in einer Stellungnahme.
Experten bezeichnen den „Fall Manning“ als einen der spektakulärsten Fälle von Geheimnisverrat in der US-Geschichte. Der Prozess wirft auch ein Licht auf einen mögliches Verfahren gegen Snowden, der sich seit Wochen im Transitsektor des Moskauer Flughafens Scheremetjewo aufhält. Die USA dringen auf Auslieferung und wollen Snowden unbedingt vor Gericht stellen.
Mit dem Antrag, den Vorwurf der „Unterstützung des Feindes“ fallen zu lassen, wollte die Verteidigung ein mildes Urteil für den ehemaligen Geheimdienstanalysten im Irak erreichen. Es handelt sich um den weitaus schwersten Vorwurf gegen ihn. „Unterstützung des Feindes“ kann mit dem Tod bestraft werden. Die Staatsanwaltschaft verlangt lebenslange Haft.
Die Militärrichterin Denise Lind verwies auf Beweise, die die Staatsanwaltschaft im Prozess vorlegte. Demnach wurden Dokumente, die Manning weiterreichte, auf dem Computer von Terrorchef Osama bin Laden gefunden. Die Verteidigung meinte dagegen, Manning habe während seiner Stationierung im Irak Militärdokumente gesammelt, weil er meinte, Missstände und Gräueltaten müssten an die Öffentlichkeit gelangen. Außerdem sei der Angeklagte damals erst 22 Jahr alt gewesen.
Geheimdienst-Enthüller Snowden wartet indessen weiter auf vorläufiges Asyl in Russland und erwägt nach Informationen von Menschenrechtlern seine Weiterreise nach Lateinamerika. Am wichtigsten sei aber, dass er zunächst den Flüchtlingsstatus in Moskau bekomme, teilte Sergej Nikitin von der Organisation Amnesty International am Donnerstag der Agentur Interfax zufolge mit. Der von den USA wegen Geheimnisverrats gejagte 30-jährige Amerikaner hatte am Dienstag vorläufiges Asyl beantragt.
Die Migrationsbehörde bearbeitet den Antrag des Computerspezialisten, der das US-Ausspäh- und Datenprogramm „Prism“ aufgedeckt hatte und deshalb von den US-Behörden gesucht wird. Dass Russland dem Gejagten Schutz gewährt, belastet das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Russland und den USA. Die von Washington verlangte Auslieferung Snowdens lehnt Moskau ab.
Snowden genieße nun den Schutz der russischen Gesetzgebung und der Genfer Flüchtlingskonvention, teilte die Migrationsbehörde in Moskau mit. Der Amerikaner hatte als Asylgründe auch die Angst vor Folter und Todesstrafe in den USA angegeben, wie der russische Anwalt Anatoli Kutscherena mitgeteilt hatte. Nach Erhalt eines Bearbeitungsnachweises seines Antrags kann Snowden den Flughafen jederzeit verlassen.
Für die russisch-amerikanischen Beziehungen sei es am besten, wenn Snowden bald Moskau verlasse, um etwa in Venezuela sein Angebot auf dauerhaftes Asyl anzunehmen, hatte auch Kremlchef Wladimir Putin betont. Er hatte Snowden davor gewarnt, den USA mit seinen Enthüllungen weiter zu schaden. Putin und US-Präsident Barack Obama sind Anfang September zuerst in Moskau zu bilateralen Gesprächen und dann in Petersburg zum G20-Gipfel verabredet.
Der IT-Experte war am 23. Juni von Hongkong mit einer Maschine der russischen Gesellschaft Aeroflot nach Moskau geflogen. Nachdem die USA seinen Pass annullierten, konnte Snowden seine geplante Weiterreise nach Kuba nicht antreten und soll sich weiter im Transitbereich des Flughafens Scheremetjewo aufhalten. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es allerdings am Donnerstag nicht.