Nach Sturm auf Kapitol Erstmals in der US-Geschichte: Präsident Trump muss sich zweitem Amtsenthebungsverfahren stellen

Washington · Das zweite Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump ist offiziell eröffnet. Der Vorwurf gegen ihn lautet „Anstiftung zum Aufruhr“ nach dem Sturm auf das Kapitol in Washington.

Zur Verstärkung der Sicherheit des Kapitols werden auch Soldaten der Nationalgarde eingesetzt. Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa

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Nach der Attacke seiner Anhänger auf das Kapitol muss sich Donald Trump als erster Präsident in der US-Geschichte einem zweiten Amtsenthebungsverfahren stellen.

Neben allen 222 Demokraten stimmten am Mittwoch (Ortszeit) auch zehn von Trumps Republikanern im Repräsentantenhaus für die Eröffnung eines neuen Impeachment-Verfahrens. 197 Republikaner votierten dagegen. Trump muss sich damit im Senat wegen „Anstiftung zum Aufruhr“ verantworten. Der oberste Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, will das Verfahren dort erst nach der Vereidigung von Trumps Nachfolger, Joe Biden, in der kommenden Woche starten. Biden sagte, er hoffe, der Senat werde parallel noch genug Zeit haben, seine Kabinettsmitglieder zu bestätigen und wichtige Gesetzesvorhaben zu beraten.

Aufgebrachte Trump-Unterstützer waren am Mittwoch vergangener Woche nach einer aufstachelnden Rede des Präsidenten in das Kapitol eingedrungen. Dort war zu dem Zeitpunkt der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg Bidens formell zu bestätigen. Fünf Menschen kamen bei den Krawallen ums Leben, darunter ein Polizist.

Mit 232 zu 197 Stimmen ist für ein Amtsenthebungsverfahren vom Präsident Donald Trump nach dem Sturm auf das Kapitol gestimmt worden. Foto: House Television/AP/dpa

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In der Resolution zur Eröffnung des Impeachment-Verfahrens wird Trump für den Angriff persönlich mitverantwortlich gemacht. Trump muss sich nun einem Impeachment-Verfahren im Senat stellen, das einem Gerichtsprozess ähnelt. Im Senat wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig, um Trump am Ende zu verurteilen. Dafür müssten sich mindestens 17 republikanische Senatoren auf die Seite der Demokraten schlagen. Ob es dazu kommen könnte, ist derzeit unklar.

Trump scheidet mit Bidens Vereidigung am Mittwoch kommender Woche automatisch aus dem Amt. Mit dem Impeachment-Verfahren wollen die Demokraten auch erreichen, dass Trump für künftige Regierungsämter gesperrt werden soll. Damit würde ihm eine etwaige Präsidentschaftskandidatur 2024 verwehrt. Deswegen ist die Impeachment-Initiative mehr als ein symbolischer Schritt. Führende Demokraten hatten außerdem argumentiert, es sei wichtig, ein Beispiel zu setzen, um Trumps Vorgehen zu verurteilen und damit auch möglichen ähnlichen Verfehlungen künftiger Präsidenten vorzubeugen.

Nancy Pelosi (M) trifft in der Kammer des Repräsentantenhauses im Kapitol ein. Foto: J. Scott Applewhite/AP/dpa

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McConnell teilte mit, angesichts der knappen Zeit sei es nicht möglich, ein Impeachment-Verfahren im Senat noch vor Bidens Vereidigung abzuschließen. Daher sei dem Land am meisten gedient, sich zunächst auf eine geordnete Amtsübergabe zu konzentrieren.

Biden sagte, er hoffe, der Senat werde einen Weg finden, das Amtsenthebungsverfahren zu führen und gleichzeitig an anderen dringenden Angelegenheiten für das Land zu arbeiten. Es sei wichtig für seine Regierung, Schlüsselpositionen im Kabinett schnell zu besetzen - dazu ist Biden auf den Senat angewiesen, der diese Personalien absegnen muss. Biden nannte auch den Kampf gegen die Corona-Pandemie und Hilfen für die Wirtschaft als Themen, mit denen sich der Senat gleich zu seinem Amtsantritt beschäftigen müsse.

Wann genau das Verfahren im Senat beginnen wird und wie lange es dauern könnte, ist unklar. Vor allem stellt sich die Frage, wie sich Trumps Republikaner in der Kammer positionieren werden. Einzelne Republikaner im Senat haben sich bereits offen gegen Trump gestellt, aber bisher kein Ja zum Impeachment zugesagt.

Der demokratische Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Adam Schiff, sagte, es könne womöglich ein politisches „Erdbeben“ im Senat geben, das zur Mehrheit für ein Impeachment führen könnte. Schiff bezog sich auf einen Bericht der „New York Times“, wonach McConnell intern erkennen ließ, dass er ein Impeachment-Verfahren gegen Trump für gerechtfertigt halte. Unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen aus McConnells Umfeld schrieb die Zeitung, dieser sei froh, dass das Verfahren angestoßen sei. Das könne es seiner Partei erleichtern, sich von Trump zu lösen.

Bei der Sitzung im Repräsentantenhaus bezeichnete die demokratische Vorsitzende der Kammer, Nancy Pelosi, Trump als eine „Gefahr für das Land“. Der Republikaner habe „inländische Terroristen“ angestachelt, um sich gegen seine Wahlniederlage zu wehren.

Auch der Minderheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, sagte zwar: „Der Präsident ist nicht ohne Schuld.“ Der Präsident trage Verantwortung für den Angriff auf den Kongress durch einen aufrührerischen Mob. Es sei aber falsch, ihn deswegen in den letzten Tagen seiner Amtszeit des Amtes zu entheben. Dies würde die politische Spaltung des Landes nur verstärken, warnte er.

Kurz nach der Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens wandte sich Trump mit einem Aufruf zur Versöhnung an die Nation. „Ich verurteile eindeutig die Gewalt, die wir in der vergangenen Woche gesehen habe“, sagte Trump in einer gut fünfminütigen Videobotschaft, die das Weiße Haus veröffentlichte. „Gewalt und Vandalismus haben überhaupt keinen Platz in unserem Land.“ Er rief die Bevölkerung dazu auf, Spannungen abzubauen, Gemüter zu beruhigen und zum Frieden im Land beizutragen. Trump war bemüht, sich von seinen Anhängern zu distanzieren, die das Kapitol erstürmt hatten. Mit Blick auf Berichte über mögliche weitere gewalttätige Proteste in der Hauptstadt Washington und anderen Teilen des Landes in den nächsten Tagen rief Trump zum Gewaltverzicht auf. Das Amtsenthebungsverfahren erwähnte er in dem Clip nicht.

Trump hatte bereits zuvor ein Amtsenthebungsverfahren über sich ergehen lassen müssen - als erst dritter Präsident in der US-Geschichte. In dem ersten Verfahren musste er sich in der Ukraine-Affäre wegen Machtmissbrauchs und der Behinderung von Kongressermittlungen verantworten. Am Ende wurde er mit der Mehrheit seiner Republikaner im Senat von allen Vorwürfen freigesprochen. Seitdem haben sich jedoch einige Parteikollegen von ihm abgewandt. Die Krawalle am Kapitol lösten auch unter ihnen große Empörung aus.

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(dpa)