Korrektur des Tages Churchill, Statistik und falsche Zitate

Winston Churchill (1874-1965) gilt als erste Zitat-Adresse, wenn es um das Misstrauen gegen Statistiken geht. So leitete auch Werner Kolhoff auf dieser Seite am Dienstag seine Analyse über die Berliner Flut von Gefälligkeits-Untersuchungen „Wie mit Studien Politik gemacht wird“ mit dem Satz ein: „Er traue, sagte einst Winston Churchill, keiner Statistik, die er nicht selbst gefälscht habe.“ So wird es dem britischen Staatsmann häufig zugeschrieben.

Winston Churchill (1874-1965, Archivfoto: dpa) gilt als erste Zitat-Adresse, wenn es um das Misstrauen gegen Statistiken geht.

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An der Zuschreibung meldete Leser Hans-Gottfried Pegels Zweifel an: Schon „Lexikon der populären Irrtümer“ von 1998 werde Churchills Zitat-Urheberschaft bezweifelt. Viel wahrscheinlicher handele es sich üble Nazi-Nachrede der 40er Jahre aus dem Propaganda-Ministerium von Joseph Goebbels, um im Bombenkrieg die Glaubwürdigkeit britischer Berichte zu erschüttern. Hans-Gottfreid Pegels hat recht: Es gibt bis heute keine überprüfbare Quelle für das Zitat.

Eine der akribischsten Beschäftigungen mit dem angeblichen Zitat stammt aus dem Statistischen Landesamt Baden-Württemberg. Über Jahre beschäftigte sich der frühere Pressereferent Werner Barke damit, was Winston Churchill über Zahlen und Statistik gesagt haben soll — und was er wirklich sagte (Barkes Aufsatz finden Sie im Internet hier als PDF: goo.gl/6GJ6fs). Die Kurzfassung: Churchill war ein Statistik-Fan, der unter anderem schrieb: „Die Statistische Sektion (…) trug außerordentlich viel dazu bei, mir einen genauen und umfassenden Überblick über das ungeheure Tatsachen- und Zahlenmaterial zu ermöglichen, das auf uns einstürmte.“

Wogegen Goebbels ein fanatischer Fälscher war, der sich an Churchill abarbeitete und entsprechende Propaganda-Märchen verbreiten ließ. Aus der von Barke zusammengetragenen Schlagzeilen-Sammlung: „Churchill tröstet, prahlt und winselt“ (13.9.40), „Churchills Lügen schlagend widerlegt“ (18.9.40), „Zahlenakrobat Churchill“ (2.10.40). In diese Reihe würde das — übrigens in England vollkommen unbekannte Zitat — natürlich hineinpassen. Allein: Beweisen lässt sich auch das nicht. Der Literaturwissenschaftler Gerald Krieghofer, Experte für Falschzitate, zweifelt die Nazi-Herkunft an und nennt den evangelischen Theologen Otto Dibelius (1880-1967) als möglichen Urheber. Richtig bleibt der Rat des Misstrauens. Gegenüber Statistiken — und Zitaten. tüc