NRW-Gericht: Stadt Bochum muss Sami A. zurückholen
Als islamistischer Gefährder wurde Sami A. nach Tunesien abgeschoben - nun hat ein Gericht entschieden: Er muss zurück nach Deutschland geholt werden. Ob und wie das klappt, ist offen.
Münster. Die Stadt Bochum muss nach einer Entscheidung des nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgerichts den abgeschobenen Islamisten Sami A. nach Deutschland zurückholen. Das teilte das Gericht am Mittwoch mit. Das OVG war in diesem Eilverfahren die letzte juristische Instanz. Der Stadt Bochum wäre noch eine Verfassungsbeschwerde und damit der Gang nach Karlsruhe vor das Bundesverfassungsgericht geblieben - das hätte allerdings keine aufschiebende Wirkung für die Rückholung. Die Stadt Bochum will auf weitere Rechtsmittel verzichten, teilte die Pressestelle der Stadt nun in einem Statement zur Entscheidung des OVG mit.
Wie schnell Sami A. nach Deutschland zurückkehren könnte, ist unklar. Zuletzt hatte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Tunesien betont, gegen den aus Deutschland abgeschobenen Gefährder werde ermittelt, und er müsse in Tunesien bleiben.
Der von den Sicherheitsbehörden als islamistischer Gefährder eingestufte Sami A. war am 13. Juli nach Tunesien abgeschoben worden. Dabei hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen eine Abschiebung einen Tag zuvor untersagt. Die Richter hatten Sorge, dass Sami A. in Tunesien gefoltert werden könnte. Dieser Beschluss wurde dem zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aber erst am nächsten Tag zugestellt - als Sami A. bereits im Flugzeug nach Tunesien saß.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen warf den zuständigen Behörden wegen der schnellen Abschiebung rechtswidriges Verhalten vor und ordnete an, der Staat müsse den Tunesier unverzüglich zurückholen. Dagegen wollte sich die Stadt Bochum nun vor dem OVG wehren - ohne Erfolg.
Sami A. lebte seit Jahren mit Frau und Kindern in Bochum. Er war 1997 zum Studium nach Deutschland gekommen. In einer früheren Entscheidung sah das OVG es als erwiesen an, dass er eine militärische Ausbildung in einem Lager der Al-Kaida in Afghanistan erhalten hatte und zeitweise zur Leibgarde von Terrorchef Osama bin Laden gehörte. Anschließend soll sich Sami A. in Deutschland als salafistischer Prediger betätigt haben.
Der Tunesier hat diese Vorwürfe stets bestritten, entsprechende Zeugenaussagen gegen ihn bezeichnet er als falsch. 2006 leitete die Bundesanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein, um zu klären, ob Sami A. Mitglied einer ausländischen Terrorgruppe war. Es wurde ein Jahr später eingestellt, weil sich der Tatverdacht nicht „mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen hinreichenden Sicherheit“ erhärten lasse. Nach Angaben des Düsseldorfer Justizministeriums hat der Fall Sami A. allein zwischen 2006 und Juni 2018 schon 14 Mal Gerichte in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. dpa/red