Der Konflikt um Stuttgart 21 eskaliert

Demonstranten verhindern über Stunden den Abriss des alten Bahnhofsgebäudes.

Stuttgart. Schwarze Motorradmasken, dunkle Kleidung - beinahe wie im Film hat ein Spezialeinsatzkommando der Polizei am Donnerstagnachmittag das Dach des Stuttgarter Hauptbahnhofs gestürmt. Rund 22 Stunden hatten dort sieben Demonstranten den weiteren Abriss des Nordflügels blockiert, der für den Bau des umstrittenen neuen Bahnhofs Stuttgart 21 nötig ist. Sie ließen sich widerstandslos herunterführen - doch die Wut über den Polizeieinsatz ist groß.

Mit lauten Pfiffen machten mehrere hundert Demonstranten ihrem Ärger Luft. Schnell stürmten sie auf die Straßen vor dem Bahnhof und blockieren einige Minuten den Verkehr. Andere setzen sich vor den Eingang des Zauns, durch den später weitere Baumaschinen gelangen müssen.

Obwohl der Bagger am späten Nachmittag seine Arbeit wieder aufnahm, verbuchten die Demonstranten den ersten Tag nach Beginn des Abrisses als Erfolg für sich. Neben der Verzögerung der Bauarbeiten gelang es ihnen auch, die eigenen Reihen weiter zu schließen. Nun erwarten die Gegner für Freitagabend bis zu 50 000 Menschen, die unter dem Motto "Sie brechen ab - wir brechen auf - Weg mit Stuttgart 21" eine Kette entlang der Bannmeile um den Landtag bilden wollen.

Derweil wächst in der Stadt und der Landespolitik der Ärger über die massiver werdenden Blockadeaktionen. Abzulesen war dies nicht nur an den verärgerten Gesichtern einiger Autofahrer, die nach teils stundenlangen Behinderungen nicht durch die Stuttgarter Innenstadt fahren konnten.

Wegen der Staus habe ihre Schwester, eine Hebamme, nicht zu einer Heim-Entbindung fahren können, beklagt eine Beobachterin der Proteste. Auf Kundschaft wartende Taxifahrer erklären: "Der Protest kommt zu spät" - außerdem stünden die Protestierenden nicht für die Mehrheit der Bevölkerung.