Politischer Aschermittwoch: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) warnt davor, die Freiheit Europas allzu selbstverständlich zu nehmen „Whatever it takes für Frieden und Freiheit“

LENNESTADT · Was der CSU in Bayern recht ist, das ist den Christdemokraten in Nordrhein-Westfalen billig. Das gilt immer und vor allem am Aschermittwoch. Bodenständig und traditionell kann die CDU auch. Deshalb lädt sie seit vielen Jahren am Aschermittwoch nach Lennestadt im Sauerland ein, wo im Stadtteil Kirchveischede die Schützenhalle steht, in der normalerweise die Hubertus-Schützen die Hausherren sind.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat dazu aufgerufen, die Freiheit Europas mit allen Mitteln zu schützen. In der Euro-Krise sei das Versprechen „Whatever it takes“ (Was auch immer nötig ist) zu einem Wendepunkt geworden, um Wohlstand und Arbeitsplätze zu schützen.

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Rauchschwaden und Hefeduft war gestern, geblieben sind die Blasmusik und der Klartext. Darin unterscheidet sich die CDU in NRW kaum von der CSU in Bayern. In Kirchveischede gab Generalsekretär Paul Ziemiak den Einpeitscher. Er gratulierte der Schwesterpartei in Bayern zu einem guten Ergebnis, das die Landesgruppe der CSU „fast so groß gemacht hat, wie die Landesgruppe der NRW-CDU“. Und anders als der auf Krawall gebürstete Hauptredner der Schwesterpartei, Markus Söder, arbeitete Ziemiak sich nicht an den Grünen ab, mit denen die CDU an Rhein, Ruhr und Wupper seit Beginn der Koalition sehr geräuschlos zusammenarbeitet.

Umso kerniger umriss der NRW-Generalsekretär die Kernpunkte christdemokratischer Politik in Düsseldorf und Berlin: Kriminelle Asylbewerber sollen abgeschoben werden, mehr Geld für die Fleißigen, weniger für die Faulen, wenn Kinder in die Schule kommen, sollen sie Deutsch sprechen können. Er selbst sei aus Polen nach Iserlohn gekommen und habe die Sprache gelernt. „Inzwischen beherrsche ich sie ganz gut“, sagte Ziemiak unter bestätigendem Jubel seines Publikums.

Nach dem Wahlkampf ist vor dem Wahlkampf. Das gilt erst recht, wenn der politische Aschermittwoch kaum eine Woche nach der vorgezogenen Bundestagswahl auf den Terminkalendern auftaucht. Das hat den Vorteil, dass die Spitzenkräfte der Parteien ihre Redemanuskripte noch einmal nutzen können. Die Inhalte haben sich in der kurzen Zeit kaum geändert. Viel Neues ist nicht geschehen, dafür umso mehr Besorgniserregendes. Deshalb bestimmte vor allem die neuerliche Zeitenwende das Gespräch an den Tischen in der komplett gefüllten Schützenhalle. Und sie bestimmte auch die Rede des Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der NRW-CDU, Hendrik Wüst. So mancher Zuhörer im Publikum war sich noch nicht sicher, ob er gut finden kann, was die Sondierer von SPD und Union am Dienstag in Berlin miteinander vereinbart haben. Hendrik Wüst ist hingegen klar. „Whatever it takes für Frieden und Freiheit. Ich trage die Beschlüsse mit“, sagte er und attestierte dem designierten nächsten Bundeskanzler, Friedrich Merz, dass er in der Zeitenwende noch vor seiner Wahl mehr erreicht habe, als die Ampel in den vergangenen drei Jahren. Deutschland müsse aufrüsten, Deutschland müsse verteidigungsfähig werden. „Wir müssen einen großen Beitrag leisten für die Sicherheit Europas“, sagte er und forderte, dass die Milliarden von Euro für neue Waffen vor allem in Deutschland ausgegeben werden.

Dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, warf der NRW-Ministerpräsident vor, just vor dem 80. Jahrestag der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus auch durch Soldaten der USA den gemeinsamen Weg verlassen zu haben. Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hätten Deutschland und die USA verbunden. „Trump stellt die jahrzehntelange Partnerschaft infrage.“

Auch für Hendrik Wüst ist die Antwort auf die Autokraten in Washington, Moskau und Peking ein Europa, das sich stärker macht und mit einer Stimme spricht. Auch hier sei die Ampelregierung in den dreieinhalb Jahren ihrer Existenz ein Totalausfall gewesen. Die Politik der CDU als Teil der Bundesregierung skizzierte Wüst an drei Punkten. Demnach soll es mehr Verlässlichkeit geben. Das gelte vor allem für die Energiepolitik. „Wir wollen ein Industrieland bleiben“, sagte Wüst.

Eine zweite Säule der Regierungsarbeit soll Vertrauen sein. Die Politik müsse Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern mehr vertrauen. Das Gegenteil davon sieht Wüst in der überbordenden Bürokratie. „Misstrauen schafft Bürokratie.“ Und schließlich soll es in einer unionsgeführten Regierung auch um Leistungsgerechtigkeit gehen. „Die CDU ist ein Freund der Fleißigen“, sagte Wüst. Für die Wirtschaft insgesamt werde die Regierung mehr Wirtschaftswachstum anstreben. Das sei auch vor dem Hintergrund der neuen Sondervermögen für Infrastruktur und Bundeswehr notwendig. Es gehe darum, den künftigen Generationen nicht die ganzen Schulden aufzubürden. Auch die NRW-CDU führt die Erfolge der extremen Parteien bei der Bundestagswahl nicht zuletzt auf das Thema illegale Migration zurück. Wüst wies auf Statistiken hin, nach denen die Attentate der jüngeren Vergangenheit auch auf gescheiterte Migrationspolitik zurückzuführen seien. Er sprach sich für den Schutz von Menschen in Not aus. „Aber wir werden alles dafür tun, dass sich die Menschen wieder sicher fühlen, immer und überall. Wir werden illegale Migration beenden.“ Für seine Landesregierung hob der Ministerpräsident in der Schützenhalle abermals die Bedeutung von Bildung hervor. „Sie hat in Nordrhein-Westfalen höchste Priorität“, sagte Wüst und verwies auf die zusätzlichen 2,7 Milliarden Euro, die das Land in diesem Jahr investiert. „Trotz der Tarifabschlüsse, die wegen der Inflation so hoch sein mussten.“