Landespolitik Streit in NRW: Warum Millionen Euro aus Berlin liegen bleiben

DÜSSELDORF · Landesregierung ruft 2022 und 2023 60 Millionen Euro weniger für Straßenbau vom Bund ab, als zur Verfügung gestanden hätte

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Die FDP im NRW-Landtag wirft der schwarz-grünen Landesregierung in Nordrhein-Westfalen vor, rund 60 Millionen Euro an Bundesmitteln für den Straßenbau in den Jahren 2022 (435 Millionen Euro standen zur Verfügung, 393 Millionen wurden verbucht) und 2023 (396/378) liegen gelassen zu haben. Die „Fehlbeträge“ gehen aus Zahlen des Bundesverkehrsministeriums hervor.

„Die Landesregierung aus CDU und Grünen vergeudet schamlos 60 Millionen Euro für den Straßenbau. Das ist ein handfester Skandal angesichts des gewaltigen Sanierungsstaus in Nordrhein-Westfalen. Schwarz-Grün macht seit Amtseintritt Politik gegen die Straße – und Bürger und Wirtschaft sollen den Preis für diese ideologische Vollsperrung zahlen“, kritisierte Henning Höne, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion NRW, am Dienstag. Zuerst hatte die „Rheinische Post“ über die Zahlen berichtet.

„Handel, Handwerk und Industrie“ würden sich von NRW Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) im Stich gelassen fühlen, ätzt die FDP. „Um es ganz deutlich zu machen: Jeder Euro, den wir in die Verkehrsinfrastruktur stecken, rechnet sich mehrfach. Die Bundesmittel einfach links liegen zu lassen, ist ein politischer Offenbarungseid. Wäre Schwarz-Grün so vorgegangen wie zuvor Schwarz-Gelb, hätte NRW 150 Millionen Euro mehr verbauen können“, sagt Christof Rasche, verkehrspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion NRW und nannte Krischer einen „überzeugten Verkehrsverhinderer“. Zumal die Energiewende ohne leistungsfähige Straßen und Brücken nicht zu stemmen sei. Tatsächlich hatte NRW noch 2021 mehr verbaut als an Bundesmitteln zur Verfügung stand.

Aus dem NRW-Verkehrsministerium heißt es dazu, man investiere in NRW „so viel in den Erhalt und Sanierung der Verkehrsinfrastruktur wie noch nie – und zwar auf Landes- wie auf Bundesstraßen“. Allein von 2022 auf 2023 seien die Bundesmittel für die Sanierung und Erhaltung von 141,8 auf 148,1 Millionen Euro demnach gesteigert worden. Um Landesstraßen zu erhalten, sei 211,3 Millionen in 2022 und 233,1 Millionen Euro in 2023 investiert worden. „In 2021, 2022 und 2023 wurden zudem Erhaltungsmaßnahmen aus Fluthilfemitteln durchgeführt, die diesen Trend zur Sanierung der Infrastruktur verstärken“, so ein Ministeriumssprecher gegenüber dieser Zeitung.

Zum konkreten Vorwurf der FDP, Krischer lasse Bundesmittel liegen, heißt es von seinem Sprecher: „Dass im  Jahr 2022 Bundesmittel für den Neubau nicht vollständig abgerufen wurden, ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, wie etwa die vorläufige Haushaltsführung des Bundes nach der Bundestagswahl, die Materialknappheit im Zuge des Angriffskrieges auf die Ukraine und coronabedingte Ausfallzeiten von Mitarbeitenden. Diese Faktoren beeinflussten das Gesamtjahr 2022 und zogen sich bis ins Jahr 2023 hinein.“ 2023 seien zudem Bundesmittel aufgrund von Bauverzögerungen bei zwei größeren Neubau-Projekten auf der B58 mit der Ortsumgehung Wesel und auf der B67/272 von Reken nach Dülmen verzögert worden. Bei der Erhaltung der Verkehrsinfrastruktur, so der Sprecher, hätten 2023 alle Bundesmittel abgerufen werden können. Zusätzlich seien noch 8,8 Millionen Euro aus dem Aufbauhilfefonds Hochwasser 2021 investiert worden.