Neue Erkenntnisse „Apps auf Rezept“ sind in NRW nicht sonderlich beliebt

DÜSSELDORF · Barmer Krankenkasse zeigt, dass der digitale Plan noch nicht aufgeht

„Apps auf Rezept“ sind in NRW nicht sonderlich beliebt​
Foto: Oliver Berg

Seit September 2020 können Ärzte neben Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder Krankenpflege auch sogenannte digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verordnen. Die „App auf Rezept“ sollte der Hit werden, der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) feierte das „DiGA-Verzeichnis“ mit allen zugelassenen Anwendungen als „Weltneuheit“. Mehr als drei Jahre später ist die Euphorie verflogen: Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) werden in Nordrhein-Westfalen bisher selten genutzt. Das ist ein Ergebnis des aktuellen Arztreports der Barmer. Der Report der Krankenkasse lag unserer Zeitung vorab vor.

Behandelnde können die Apps auf Kassenkosten verordnen. Doch die Daten von 2020 bis 2022 sind ernüchternd: In diesem Zeitraum wurde in NRW rund 80 000 Mal eine „App auf Rezept“ verordnet – bundesweit knapp 340 000 Mal. „Ziel der digitalen Helfer ist es, Erkrankungen zu erkennen und damit verbundene Beschwerden zu lindern. Die Verordnungszahlen zeigen jedoch, dass DiGA noch nicht in der medizinischen Versorgung angekommen sind“, sagt João Rodrigues, Landesgeschäftsführer der Barmer in NRW.

Ein Vergleich macht das deutlich: Die Gesamtzahl der DiGA-Verordnungen sei etwa auf dem Niveau der Zahl der jährlich zur Krebsfrüherkennung durchgeführten Darmspiegelungen. Allein der Trend zeigt in eine positive Richtung.

„Das ist positiv, denn die digitalen Anwendungen bieten unter anderem die Chance, die medizinische Versorgung auch in ländlichen Gebieten zu unterstützen“, so Rodrigues. Dort nämlich ist das Ärztenetz dünn. Markant ist allerdings, dass die Apps genau dort am seltensten verschrieben werden, wohl wegen geringerer digitaler Affinität auf dem Land im Vergleich zu den Großstädten. An der Spitze stehen hier Berlin und Hamburg, gefolgt von NRW. Dabei gehen 67 Prozent der DiGA-Verordnungen auf Frauen, wohl, weil Frauen sich „mehr um ihre Gesundheit kümmern als Männer“, wie Rodrigues vermutet. Im höheren Lebensalter spielten DiGA hingegen kaum noch eine Rolle. Inhaltlich sind die meisten Anwendungen auf Erkrankungen des Bewegungsapparats (22,2 Prozent), Adipositas (18,5) und Tinnitus (15,5) verschrieben worden. Es folgen Depressionen (11,5), Angststörungen (7,4) und Schlafstörungen (6,3). Weil die Anwendungen oft nicht 90 Tage genutzt, wohl aber verschrieben werden, fordert die Barmer „kurze Testzeiträume“. Eine Umfrage unter Ärzten und Patienten ergab auch, dass fast die Hälfte noch nie eine DiGA verordnet hatten, ein Drittel kannte sie gar kaum. „Zu wenig Detailwissen und falsche Erwartungen führen dazu, dass DiGA zurückhaltend verordnet werden und deren Einsatz oft vorzeitig abgebrochen wird“, so der Barmer-Landeschef. Das verursache Kosten ohne nennenswerten Nutzen. Deshalb müssten sie dringend bekannter werden.