EU: Kritik an Privilegien
Brüssels Beamte kassieren — trotz Krise. Die Kommission hätte eine Chance, das zu ändern. 2012 läuft das Beamtenstatut aus.
Brüssel. Die Europäische Union ist gegenüber ihren Mitgliedsstaaten streng. Besonders Krisenstaaten müssen sparen, wo sie können. Im Gegensatz dazu haben die 55 000 EU-Beamten neben hohen Gehältern etliche Privilegien wie Haushalts-, Kinder- und Auslandszulagen. Kritiker fordern, diese abzuschaffen. Die Möglichkeit besteht, Ende des Jahres läuft das bisherige Beamtenstatut aus.
„Die Kommission muss mit gutem Beispiel vorangehen“, sagte Michael Jäger, Generalsekretär vom Europäischen Bund der Steuerzahler, unserer Zeitung. Man erwarte Haushaltsdisziplin von den Mitgliedsstaaten, halte sich aber selbst nicht daran. „Diese Privilegien sind nicht vermittelbar.“ Auch die Bundesregierung fordert eine Überarbeitung des EU-Beamtenstatuts und die Streichung bestimmter Privilegien, sagte ein Regierungssprecher auf Anfrage.
EU-Beamte verdienen zwischen 2325 und 16 094 Euro. Hinzu kommen die Privilegien, die Auslandszulage von etwa 442 Euro, pro Kind gibt es 326 Euro. „37 Spitzenbeamte verdienen mehr als Angela Merkel“, sagt Jäger. Er kritisiert zudem die zusätzlichen freien Tage, die zu den 24 Urlaubstagen der Beamten hinzukommen.
Wer etwa mehr als 2000 Kilometer von seinem Arbeitsplatz entfernt lebt, bekommt für jede Heimreise sechs Urlaubstage dazu. Wer sich besonders gewieft anstellt, könne 67 freie Tage im Jahr herausschlagen, hat der Bund der Steuerzahler errechnet. Jäger fürchtet: „Die EU-Beamten leisten zwar sehr gute Arbeit, aber der Bürger gewinnt den Eindruck, dass die EU ein reiner Selbstbedienungsladen ist.“
Auch Inge Gräßle (CDU), Abgeordnete im Europäischen Parlament, kämpft für Einsparungen — und wird dafür in Brüssel angefeindet. Die EVP-Sprecherin des Haushaltskontrollausschusses glaubt: „Die EU kann sich nicht von der Krise abgrenzen.“ Kommissionssprecher Antonio Gravili erwidert: „Die EU ist nicht in der Krise. Wir sind Teil der Lösung, nicht des Problems.“
Die Ausgaben für die EU-Verwaltung belaufen sich 2012 auf 8,3 Milliarden Euro, sechs Prozent des Gesamthaushalts. Die Verwaltungsausgaben sind eingefroren. Seit Beginn der Krise gibt es bei der Kommission keine neuen Stellen. Gräßle ist sich aber sicher: „Wenn die Mitgliedsstaaten keinen Druck auf die Kommission ausüben, wird sich nicht viel ändern bei den Privilegien.“ Gefragt seien die Geberstaaten. „Mit den bestehenden Privilegien möchte ich nicht in den EU-Wahlkampf gehen.“
Die Kommission hat tatsächlich Sparvorschläge gemacht. Bis 2020 will sie eine Milliarde Euro einsparen. So soll etwa die Wochenarbeitszeit der Beamten von 37,5 auf 40 Stunden angehoben und das Rentenalter von 63 auf 65 Jahre erhöht werden. Die Zahl der Stellen soll um fünf Prozent gesenkt werden.
Gräßle klagt gegenüber unserer Zeitung: „Die Kommission hat sich kaum bewegt.“ Diese argumentiert aber, dass die EU als Arbeitgeber attraktiv bleiben muss. Sprecher Gravili: „Besonders aus den reichen Mitgliedsstaaten gibt es nicht genug gute Kandidaten.“