Experten: „Menschliches Versagen“
Flugschreiber geben keine Hinweise auf technische Probleme.
Smolensk. Nach dem Absturz des Tupolew-Flugzeugs mit dem polnischen Präsidenten Lech Kaczynski an Bord richten sich erste Vorwürfe vor allem gegen den Piloten des Todesflugs. Trotz Warnungen der russischen Luftwaffe habe er bei dichtem Nebel und extrem schlechter Sicht versucht, in Smolensk zu landen. Russlands Chefermittler Alexander Bastrykin schloss am Sonntag nach Auswertung des Stimmenrekorders technische Ursachen aus.
Der Pilot habe den Rat abgelehnt, auf einem anderen Flughafen zu landen, sagte Bastrykin. Doch ob der Mann am Steuer der Kaczynski-Maschine eigenmächtig oder möglicherweise unter Druck handelte, das muss sich erst zeigen.
Wenn auch in Polen die Trauer um den 60-jährigen Kaczynski und die anderen mehr als 90 Opfer zunächst alles andere überdeckte, so suchten Experten doch nach Erklärungen. In Moskau öffneten russische und polnische Spezialisten gemeinsam die so genannte Blackbox. Die dort aufgezeichneten Daten sollen Beweise liefern. Die Möglichkeit, dass auch Kaczynski als Präsident trotz der russischen Warnungen Landebefehl gegeben haben könnte, schlossen Beobachter nicht aus.
Der Luftfahrtexperte von der Technischen Hochschule in Breslau, Tomasz Szulc, sagte, dem Piloten habe wahrscheinlich die "nötige Durchsetzungsfähigkeit" gefehlt. Er bezog sich damit auf einen früheren Vorfall: Im August 2008 hatte Kaczynski einem anderen Piloten trotz des damals in Georgien geltenden Kriegsrechts befohlen, das Flugzeug des Präsidenten in Tiflis zu landen. Der Pilot widersetzte sich und landete in Aserbaidschan. Kaczynski soll damals über die lange Autofahrt so sauer gewesen sein, dass er den Piloten feuern lassen wollte.
Die russische Luftwaffe und das Verkehrsministerium sprachen an diesem Wochenende von "eigenmächtigem Handeln" des Piloten. Die Sichtweite zum Unglückszeitpunkt habe nur 400 Meter betragen. Vorgeschrieben seien für Landungen 1.000 Meter Sichtweite, sagte Russlands Verkehrsminister Igor Lewitin.
In Polen trat die Frage um die konkrete Schuld zunächst in den Hintergrund. Dennoch kritisierten bereits einzelne Politiker "schwere Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften". Danach hätten so viele Spitzenpolitiker nicht in ein und demselben Flugzeug sitzen dürfen.