Menschenrechtsgericht urteilt Abschiebung eines islamistischen „Gefährders“ gestoppt

Bremen/Straßburg (dpa) - Die Bremer Behörden haben auf Veranlassung des Straßburger Menschenrechtsgerichts die Abschiebung eines 18 Jahre alten islamistischen „Gefährders“ nach Russland gestoppt.

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Eine endgültige Entscheidung werde es in den nächsten Monaten geben, sagte ein Sprecher des Bremer Innenressorts.

Der Mann befand sich am Dienstag nach Medienberichten bereits auf dem Weg zum Flughafen nach Frankfurt. Als die Entscheidung bekannt wurde, drehte der Wagen mit ihm demnach wieder um. Kurz zuvor hatte das Bundesverfassungsgericht grünes Licht für die Abschiebung gegeben.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem Fall. Das sei bei einem so frühen Verfahrensstand nicht üblich, sagte eine Sprecherin. Sie verwies aber darauf, dass eine „vorläufige Maßnahme“ wie der Stopp einer Abschiebung in erster Linie den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens sicherstellen solle. Das bedeute noch keine Entscheidung in der Sache, nicht einmal, dass die Beschwerde zur Prüfung angenommen wird.

Dem 18-Jährigen, der fast sein ganzes Leben in Deutschland verbracht hat, aber russischer Staatsangehöriger ist, wird ein Terroranschlag in Deutschland zugetraut. Nach den Erkenntnissen der Behörden sympathisiert er mit der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und hat Suizidgedanken geäußert. Im Chat mit einem Islamisten aus Essen soll er sich bereiterklärt haben, einen Anschlag auf Zivilisten zu verüben.

Die deutschen Verfassungsrichter hatten die Abschiebung sogenannter Gefährder erst in der vergangenen Woche in einem anderen Fall aus Bremen grundsätzlich gebilligt. Kurz danach wurden auch der Eilantrag und die Verfassungsklage des 18-Jährigen abgewiesen. Als letzte Möglichkeit bleibt dann nur die Beschwerde in Straßburg.

Das Aufenthaltsgesetz (§ 58a) erlaubt es den Innenministern, Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit „zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr“ in einem beschleunigten Verfahren abzuschieben. Die Regelung gibt es schon länger.

Verstärkt Gebrauch davon gemacht wird aber erst seit dem Attentat vom Berliner Breitscheidplatz vor Weihnachten. Den Anfang machte Niedersachsen nach einer Großrazzia in Göttingen im Februar: Zwei Islamisten mit nigerianischem und algerischem Pass wurden abgeschoben, weil sie einen Anschlag geplant haben sollen. Zuvor waren sie mit Eilanträgen vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert. In der Hauptsache wird dort am 22. August verhandelt.