Auch Zentralrat der Juden nimmt Augstein in Schutz
Berlin (dpa) - Viel Rückendeckung für Jakob Augstein: Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland nimmt den Verleger gegen Antisemitismus-Vorwürfe in Schutz. Das amerikanische Wiesenthal-Zentrum steht mit seiner Kritik weitgehend alleine da.
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat sich vom Antisemitismus-Vorwurf gegen den Journalisten und Verleger Jakob Augstein distanziert. Das amerikanische Simon-Wiesenthal-Zentrum habe bei seiner Kritik an dem Herausgeber der linken Wochenzeitung „Freitag“ offensichtlich nicht genügend recherchiert oder sich kundig gemacht, kritisierte Vizepräsident Salomon Korn am Freitag im Deutschlandradio Kultur. „Offensichtlich ist das Simon-Wiesenthal- Center ziemlich weit weg von der deutschen Wirklichkeit.“
Die US-Menschenrechtsorganisation hatte Augstein wegen Israel-kritischer Äußerungen auf ihre Liste der zehn schlimmsten Antisemiten der Welt gesetzt. Sie bekräftigte ihre Entscheidung am Freitag. „Nur weil er ein Journalist ist, geben wir Herrn Augstein keinen Freibrief zu sagen, was er will, und sich dann hinter journalistischer Integrität zu verstecken“, sagte der für die Liste mitverantwortliche Rabbi Abraham Cooper der Nachrichtenagentur dpa. Dass es in Deutschland nun eine Debatte über die Rangliste gebe, begrüßte er. „Ich fordere Herrn Augstein und die Kritiker, die ihn in Schutz nehmen, dazu auf, seine Äußerungen noch einmal anzuschauen. Sie sind unhaltbar.“
Als Beleg für die Aufnahme Augsteins in die Rangliste hatte die nach dem Holocaust-Überlebenden und Nazi-Jäger Simon Wiesenthal benannte Organisation mehrere Zitate Augsteins aufgeführt. Darin schließt sich der 45-Jährige der Einschätzung des Literatur-Nobelpreisträgers Günther Grass an, die Atommacht Israel sei eine Gefahr für den Weltfrieden. Zudem vergleicht er die ultraorthodoxen Juden in Israel, die zehn Prozent der Bevölkerung ausmachten, mit islamischen Fundamentalisten.
„Wenn man das Bild von islamischen Extremisten heraufbeschwört, deren wesentlicher Beitrag zur Welt aus Selbstmordbombenanschlägen, Extremismus und Hass besteht, und dann eine gesamte religiöse Gemeinschaft nimmt und sie so stereotypisiert, dann hat das nichts mehr mit Journalismus zu tun. Damit wird eine Grenze überschritten“, sagte Cooper.
Die Rangliste wird von den ägyptischen Muslimbrüdern und dem iranischen Regime angeführt. Auch die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner und Linksfraktionschef Gregor Gysi hatten Augstein bereits gegen die Antisemitismus-Vorwürfe in Schutz genommen. Der Sohn des „Spiegel“-Gründers Rudolf Augstein selbst sprach von Diffamierung.
Korn warf dem Wiesenthal-Zentrum vor, in das Fahrwasser des Publizisten Henryk M. Broder geraten zu sein, der als Polemiker bekannt sei. „Man kann nicht immer alles wörtlich nehmen, was er sagt, und man kann auch nicht immer alles ernst nehmen, was er sagt.“ Broder hatte Augstein als einen „lupenreinen Antisemiten“ bezeichnet. Das Wiesenthal-Zentrum hatte sich bei der Erstellung der Rangliste auf die Einschätzung des Publizisten berufen.