Bund will Atommüll-Exporte möglich machen
Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will Atommüll-Exporte grundsätzlich ermöglichen. Dafür soll ein neuer Paragraf 3a im Atomgesetz eingefügt werden, der die „Verbringung radioaktiver Abfälle oder abgebrannter Brennelemente zum Zweck der Endlagerung“ regeln soll.
Das geht aus einem Gesetzentwurf vor, der der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegt und über den zunächst die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) bezeichnete eine Abschiebung des Problems gegen viel Geld ins Ausland aber als „Unsinn“. Ziel bleibe eine neue, bundesweite Endlagersuche.
Die Regierung betonte, dass damit lediglich eine EU-Richtlinie umgesetzt werde. Dadurch wird aber zugleich die Option für eine Endlagerung in Ländern wie Russland geöffnet, wenn es ein bilaterales Abkommen über eine sichere Endlagerung in dem Land gibt.
„Wir werden den hochradioaktiven Müll, der in Deutschland angefallen ist, auch in Deutschland entsorgen“, betonte Altmaier am Freitag im WDR-Hörfunk. Das Ziel sei, ein Endlager in Deutschland zu suchen und zu errichten. Das Ministerium betonte, es gebe bisher und auch künftig im Atomgesetz einen Vorrang für eine Endlagerung im Inland. Umweltschützer und Opposition äußerten aber juristische Zweifel, ob dem wirklich so ist.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass im Rahmen eines nationalen Entsorgungsprogramms vom Bund zunächst dargelegt werden soll, „wie eine verantwortungsvolle und sichere Entsorgung abgebrannter Brennelemente und radioaktiver Abfälle umgesetzt werden soll“. Die Richtlinie muss bis August umgesetzt werden und zuvor noch vom Kabinett und vom Bundestag beschlossen werden, der Bundesrat muss dem nach Auffassung des Bundesumweltministeriums nicht zustimmen.
Altmaier hofft trotz des Wirbels um die geplante Neufassung des Atomgesetzes auf einen überparteilichen Konsens für eine bundesweite Endlagersuche. Die Gespräche mit SPD und Grünen darüber sollen nach der Niedersachsen-Wahl ab Ende Januar wieder aufgenommen werden. Streit gibt es unter anderem darum, wie mit dem seit 1977 als einzige Option im Fokus stehenden Salzstock Gorleben umgegangen werden soll. Er soll im Topf bleiben, SPD und Grüne fordern aber strenge Kriterien, damit der aus ihrer Sicht zu unsichere Standort bei einem Vergleich mit anderen Optionen rasch herausfallen kann.
Die Deutsche Umwelthilfe kritisierte die geplante Änderung mit der Öffnung für eine Endlagerung im Ausland scharf. „Die Bundesregierung rüttelt, ohne dies öffentlich zu thematisieren, an dem bei allen Auseinandersetzungen um die Atomenergie in Deutschland immer wieder bestätigten Konsens, wonach der hochradioaktive Atommüll, der in deutschen Atomkraftwerken entsteht, auch in Deutschland zu entsorgen sei“, sagte Bundesgeschäftsführer Michael Spielmann. Man fürchte, dass die Öffnung der Auslandsoption dazu dienen könnte, im Streit mit SPD und Grünen wenig Kompromissbereitschaft zu zeigen. Zur Not stehe ja eine Endlagerung im Ausland, etwa in Russland, zur Verfügung. Es werde einer Endlagerung im Inland kein klarer Vorrang gegeben.
Altmaier betonte, dass er ein Endlager in Deutschland wolle. Der CDU-Politiker zeigte sich überzeugt, dass der einst noch von der rot-grünen Bundesregierung versprochene Termin für ein nationales Atommüll-Endlager im Jahr 2030 weiterhin realistisch sei. „Das Datum ist zu halten, wenn wir vor der Bundestagswahl ein Gesetz hinbekommen“, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. Nach der Wahl in Niedersachsen und noch vor Ostern müssten die Entscheidungen fallen. „Dann muss der Sack zugemacht werden.“ SPD und Grüne kritisierten, der neue Vorstoß sei eine schwere Belastung für die Konsensgespräche. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte, den Gesetzesplan zu stoppen.