Bafög Warum Studenten bald deutlich mehr Geld bekommen könnten

Berlin · So wenig Studenten und Schüler bekommen Bafög wie seit Jahren nicht. Mit einem neuen Gesetz will die Regierung die Trendwende schaffen. Doch reichen die geplanten Verbesserungen?

Foto: dpa/Andrea Warnecke

Studenten und Schüler sollen ab Mitte 2019 deutlich mehr Bafög bekommen können. Der Bund will für eine entsprechende Reform bis 2022 mehr als 1,8 Milliarden Euro ausgeben. Das sieht ein Gesetzentwurf von Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) vor, der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Die Pläne sind an diesem Freitag Thema einer Anhörung von Verbänden im Bundesbildungsministerium in Berlin. Kritikern sind sie nicht ehrgeizig genug.

Der Höchstsatz der gesamten Förderung soll ab dem Wintersemester 2019 von 735 Euro in zwei Stufen bis 2020 auf insgesamt rund 850 Euro steigen. Ihn bekommen Studenten, die nicht bei den Eltern wohnen und selbst krankenversichert sind.

DIE GEPLANTE REFORM:

Der Höchstsatz setzt sich aus drei Komponenten zusammen: Der Grundbedarf soll zunächst um fünf und dann noch einmal um zwei Prozent steigen. Überproportional angehoben werden soll der Wohnzuschlag - für nicht bei den Eltern wohnende Studenten von 250 auf 325 Euro. Steigen sollen auch die Zuschläge für die Kranken- und Pflegeversicherung.

Es sollen auch mehr junge Menschen vom Bafög profitieren. Dafür sollen die Freibeträge für das Einkommen der Eltern in drei Schritten bis 2021 um insgesamt 16 Prozent angehoben werden.

Der Freibetrag für eigenes Vermögen soll 2020 von derzeit 7500 auf künftig 8200 Euro angehoben werden. Die Vermögensfreibeträge für Auszubildende mit Unterhaltspflichten gegenüber eigenen Ehegatten, Lebenspartnern und Kindern sollen von derzeit 2100 auf 2300 Euro steigen.

Wer gefördert wurde, soll zudem nicht lebenslange Schulden fürchten müssen. So soll jenen die Restschuld erlassen werden, die den Darlehensanteil des Bafög trotz Bemühens aufgrund schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse nicht binnen 20 Jahren tilgen können. Bereits bisher musste man nur die Hälfte des Geldes und maximal 10 000 Euro zurückzahlen, und zwar in monatlichen Raten.

Statt das Bafög als verzinslichem Bankdarlehen der Förderbank KfW auszuzahlen, soll der Staat es ab dem Wintersemester 2019/2020 als zinsfreies Darlehen bereitstellen.

GRUND FÜR DIE REFORM:

Die Zahl der Bafög-Empfänger sinkt seit Jahren. Im Jahr 2017 erhielten laut Statistischem Bundesamt 225 000 Schüler und 557 000 Studenten die staatliche Ausbildungsförderung - insgesamt etwa 41 000 oder fünf Prozent weniger als noch im Jahr zuvor. Da pro Kopf aber mehr ausgezahlt wurde, stiegen die staatlichen Ausgaben dafür um rund 70 Millionen auf 2,9 Milliarden Euro.

Fünf Jahre zuvor erhielten noch 308 000 Schüler und 671 000 Studenten Bafög. Angesichts dieses deutlichen Rückgangs hatten CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, „bis 2021 eine Trendumkehr zu erreichen“.

REAKTIONEN:

Der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, Achim Meyer auf der Heyde, kann sich nach eigenen Angaben vorstellen, dass durch die Reform tatsächlich wieder mehr junge Menschen vom Bafög profitieren. „Für eine echte Trendwende sind aber größere Verbesserungen nötig“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Meyer auf der Heyde kritisierte insbesondere eine aus seiner Sicht zu geringe Steigerung der Bedarfssätze. Die Grundpauschale dürfe nicht nur von 399 auf 427 Euro steigen, sondern müsse zwischen 500 und 550 Euro liegen, damit der Bedarf gedeckt werde. Zudem dürfte auch die höhere Wohnpauschale vor allem Studienanfängern bei Neuvermietungen kaum ausreichen, sagte er. Die Bundesregierung solle die steigende Wohnpauschale zudem nicht an die große Glocke hängen. „Denn Vermieter werden möglicherweise so angeregt, höhere Mieten zu nehmen.“

Meyer auf der Heyde kritisierte zudem, dass die Regierung ihren nächsten Bafög-Bericht nicht wie bisher geplant im Herbst vorlegen wolle, sondern erst 2021. Auf Basis der darin dargestellten Entwicklungen bei Preisen und Einkommen könnten die Freibeträge und Sätze erhöht werden - eine frühere weitere Anhebung der Sätze drohe nun auszufallen. Meyer auf der Heyde begrüßte dagegen unter anderem die geplante dreistufige Anhebung der Freibeträge.

Der Grünen-Bildungsexperte Kai Gehring warf Union und SPD vor, das Bafög durch zahlreiche Nullrunden und Nichtstun in ein Allzeittief gestoßen zu haben. „Auch Ministerin Karliczek bügelt mit dieser Novelle die Versäumnisse der letzten Jahre nicht aus“, sagte Gehring der dpa. „Die Negativspirale beim Bafög gehört endlich durchbrochen“, forderte er. Fördersätze und Freibeträge müssten zum nächsten Semester um mindestens zehn Prozent steigen. Die Wohnförderung müsse regional gestaffelt werden. Im Bundestag müsse aus den Plänen für eine „halbgare Reform“ nun einen echter Fortschritt gemacht werden.

(dpa)