Berlin weist syrische Diplomaten aus

Damaskus/Berlin (dpa) - Im Bürgerkrieg in Syrien verlieren die Regierungstruppen nach Angaben von Regimegegnern weiter an Boden. Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass sich Präsident Baschar al-Assad nicht mehr lange an der Macht halten kann.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Anzeichen mehren sich, dass die Macht des Assad-Regimes weiter erodiert.“ Die EU-Außenminister erkannten bei ihrem Treffen am Montag in Brüssel den Oppositionsblock als „legitime Vertretung des syrischen Volkes“ an. Sie empfingen auch den Führer der Koalition, Ahmed Muas al-Chatib.

Deutschland wies am Montag vier weitere syrische Diplomaten aus. Zu den genauen Gründen äußerte sich das Auswärtige Amt nicht. Westerwelle sprach jedoch von einem „klaren Zeichen, dass wir die Beziehungen zum Assad-Regime auf ein absolutes Minimum reduzieren“. Bereits im Mai hatte Syriens Botschafter auf Beschluss der Bundesregierung seinen Posten räumen müssen.

Die neue Formulierung der EU-Außenminister sei stärker als jene vom November, sagten Diplomaten. Damals hatten sie die Koalition als „legitime Vertreter der Hoffnungen des syrischen Volkes“ bezeichnet. Frankreich hatte schon damals eine weitreichendere Haltung eingenommen und den Oppositionsblock zur „einzigen Vertretung des syrischen Volkes und künftigen Regierung Syriens“ erklärt.

„Das ist eine neue Etappe der Anerkennung“, sagte der französische Außenminister Laurent Fabius. „Ich hoffe, dass 2013 das Jahr des freien Syriens wird.“ In ihrer Erklärung zeigen sich die Minister zudem „entsetzt über die sich zunehmend verschlechternde Lage“ in Syrien. Sie seien auch „ernsthaft besorgt über den möglichen Einsatz von chemischen Waffen“ und fordern für Helfer Zugang zu den Opfern des Bürgerkriegs.

Aus Syrien kamen am Montag neue Schreckensnachrichten. Im Internet wurde ein Video veröffentlicht, das zeigen soll, wie Rebellen in der syrischen Stadt Homs einen etwa zehnjährigen Jungen dazu bringen, einem Gefangenen den Kopf abzuhacken. Zu sehen ist, wie das Kind mit einem Schwert einem wehrlosen, am Boden liegenden Mann den Kopf abtrennt. Dabei wird der Junge von mehreren Männern angefeuert. Den Angaben zufolge soll der Getötete zu einer Gruppe von insgesamt zehn Offizieren angehören, die von Rebellen in Homs entführt worden waren.

Syrische Aktivisten veröffentlichten am Montag Videoaufnahmen, die zeigen sollen, wie eine islamistische Brigade eine Kommandozentrale in Scheich Sleiman in der Provinz Aleppo einnimmt. Bei der Schlacht um den Stützpunkt sollen ein Soldat und zwei Rebellen getötet worden sein. Fünf Soldaten fielen angeblich den Angreifern in die Hände, 140 sollen geflohen sein. Gefechte wurden auch aus Vierteln in der Innenstadt von Damaskus gemeldet. Bis zum Nachmittag zählten Aktivisten 29 Todesopfer, darunter 6 Kinder.

Die Website „All4Syria“ berichtete unterdessen, der Nationalrat der Kurden sei nun doch bereit, sich der Nationalen Syrischen Allianz unter dem Vorsitz al-Chatibs anzuschließen. Der Nationalrat der Kurden hatte sich bisher nicht dazu durchringen können. Begründet wurde dies stets damit, dass die anderen Gruppen die Rechte der kurdischen Minderheit nicht anerkennen wollten.

Nach Informationen des TV-Senders CNN wollen die USA die syrische Rebellengruppe Al-Nusra-Front zur Terrororganisation erklären. Washington betrachte die Gruppierung als Tarnorganisation der Al-Kaida-Gruppe im benachbarten Irak. Die Gruppe stecke hinter Selbstmordanschlägen in Syrien, sei aber auch für viele militärische Erfolge der Rebellen verantwortlich.

Die Europäische Kommission erhöht nach eigenen Angaben die Hilfe für Opfer des syrischen Bürgerkriegs um 30 auf insgesamt 126 Millionen Euro. Mit dem Geld sollen medizinische Versorgung, Unterkünfte, Wasser, Lebensmittel, sanitäre Einrichtungen und Haushaltsartikel bezahlt werden. Nach UN-Angaben sind seit Beginn der blutigen Auseinandersetzungen vor bald zwei Jahren mehr als 474 000 Menschen nach Jordanien, in den Libanon, den Irak, in die Türkei oder nach Nordafrika geflohen. Mindestens 40 000 Menschen wurden getötet.