Berliner SPD stellt Signal auf Rot-Grün
Berlin (dpa) - Die Berliner SPD hat eine Woche nach der Abgeordnetenhauswahl wie erwartet das Signal auf Rot-Grün in der Hauptstadt gestellt. Der SPD-Landesvorstand beschloss „mit überwältigender Mehrheit“, den Grünen Koalitionsverhandlungen anzubieten.
Das gab SPD-Parteichef Michael Müller nach knapp zweieinhalbstündigen Beratungen bekannt. Parallel tagte auch der Grünen-Vorstand, der bereits eine knappe Stunde vor der SPD seine Bereitschaft zu Koalitionsverhandlungen verkündete. Bei den Grünen muss aber noch ein Landesparteitag am Freitag zustimmen. Bei dem besonders heftig umstrittenen Weiterbau der Stadtautobahn A100 setzte sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit gegen die Grünen durch.
In den vergangenen knapp zehn Jahren hatte die SPD mit der Linken in Berlin regiert. Wegen des schlechten Ergebnisses der Linken bei der jüngsten Wahl wies vieles auf eine rot-grüne Koalition hin. Die SPD hatte auch mit der CDU Gespräche geführt. Bereits vor zwanzig Jahren hatte es in Berlin kurzzeitig eine rot-grüne Koalition gegeben, die aber im Streit auseinanderging.
„Wir haben den Eindruck, dass sich zwei Partner ernsthaft auf eine neue, tragfähige Koalition einlassen wollen“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Bettina Jarasch. Nach Ansicht des Grünen-Fraktionsvorsitzenden Volker Ratzmann haben SPD und Grüne einen Kompromiss gefunden, der Gestaltungsräume öffne. Jarasch gab zu, ganz einfach werde die Zusammenarbeit nicht. „Klar ist, hier kommen zwei eigenständige Partner auf Augenhöhe zusammen, die vieles verbindet, die aber auch bedeutende Unterschiede mitbringen.“
Wowereit hob hervor, dass es sich die SPD mit der Entscheidung nicht leicht gemacht habe. Die CDU, mit der auch sondiert worden war, habe „erfreulich große Kompromissbereitschaft“ gezeigt. Doch nun habe sich die SPD für die Grünen entschieden. Beide Parteien stünden für „die klare Ansage: Soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Entwicklung werden mit ökologischer Nachhaltigkeit verbunden.“
Am Knackpunkt A100 wäre fast ein rot-grünes Bündnis gescheitert. Die Grünen hatten bis zur Wahl deren geplante Verlängerung von Neukölln bis Treptow als verkehrspolitisch unsinnig, mit 420 Millionen Euro viel zu teuer und rückwärtsgewandte Betonpolitik der SPD abgelehnt. Ratzmann hatte noch vor der Wahl betont, die Grünen würden keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem der Weiterbau der A100 drin stehe. Nun lenkten die Grünen ein.
Der SPD-Landeschef Müller unterstrich, bei der A100 soll versucht werden, die Bundesmittel für andere Verkehrsprojekte wie die Sanierung alter Straßen umzuwidmen. „Wenn das nicht gelingt, wird die Autobahn gebaut“, betonte Wowereit. Das wüssten auch die Grünen.
Der Grünen-Landesvorsitzende Daniel Wesener räumte ein: „Das Projekt Weiterbau der BAB 100 wird nicht grundsätzlich aufgegeben.“ Weiter heißt es in der Einigung der Parteien: „Der Bau erfolgt nicht, wenn die investiven Bundesmittel in andere Infrastrukturmaßnahmen in Berlin umgewidmet werden können.“ Auf die Frage, was passieren werde, sollte der Bund diesen Wunsch ablehnen, antwortete Wesener: „Das wird klappen. Das sage ich Ihnen.“
Das Autobahnprojekt steht im Bundesverkehrswegeplan. Die Bundesmittel können nicht einfach in andere Projekte gelenkt werden. Dann müsste ein ganz neuer Bundesbeschluss gefasst werden. Auch Wowereit bekundete seine Skepsis, dass eine solche Umwidmung möglich sei. Die Grünen seien jedoch anderer Auffassung, sagte Wowereit. Deswegen werde der Senat ernsthafte Gespräche mit der Bundesebene führen, versicherten die beiden SPD-Politiker.
Der SPD-Vorstand hielt in weiteren sieben Punkten fest, was ihm in den Koalitionsverhandlungen mit den Grünen wichtig sei. Dazu zählt die Beibehaltung der Gebührenfreiheit in der Bildung. Daran hatten die Grünen in der Opposition Zweifel angemeldet.
Die Grünen setzten die Erarbeitung eines neuen Klimaschutzgesetzes durch. Die SPD hält dazu die Gleichrangigkeit ökologischer Ziele mit dem Grundsatz der Sozialverträglichkeit fest. Ferner sprechen sich SPD und Grüne für den Bau der Tangentialverbindung Ost und den Neubau einer Zentral- und Landesbibliothek aus.