BND-Baupläne verschwunden - Regierung prüft

Berlin (dpa) - Dem Bundesnachrichtendienst (BND) droht eine neue Affäre: Die Bundesregierung untersucht mit Hochdruck einen möglichen Diebstahl sensibler Baupläne von der Großbaustelle der neuen BND-Zentrale in Berlin.

„Das ist ein ernstzunehmender Vorgang, ganz klar“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. „Die Bundesregierung hat großes Interesse, dass dieser Vorgang bald geklärt wird.“ Die Opposition forderte von Regierung und BND schnelle Aufklärung und sofort Konsequenzen. SPD, Grüne und Linke sprachen von schlampigem Umgang mit den Bauplänen und großem Imageschaden. Auch der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach (CDU) verlangte eine Antwort darauf, „ob durch den Diebstahl die Arbeit des Dienstes gefährdet werden kann“.

Nach einem „Focus“-Bericht geht es um Baupläne, deren Großteil das „Herzstück“ des neuen Gebäudes zeige: das Technik- und Logistikzentrum. Aus den Darstellungen lasse sich die Funktion der Räume, die Mauerdicke, die Lage von Sicherheitsschleusen und Notausgängen bis hin zu Toiletten lesen.

Die Pläne sollen laut „Focus“ schon vor über einem Jahr von der Baustelle geschmuggelt worden sein, möglicherweise durch einen beauftragten Bauunternehmer, der sie an Subfirmen weitergegeben haben will. Er vermute, dass sie in kriminelle Hände geraten sein könnten, schrieb das Magazin. „Focus“-Mitarbeiter hätten die Karten einsehen können - sie seien als Verschlusssache klassifiziert gewesen: „VS - Nur für den Dienstgebrauch“.

Regierungssprecher Seibert sagte, noch sei nicht zu sagen, ob die aufgetauchten Baupläne echt seien und welche Konsequenzen gezogen werden müssten. „Wir müssen das natürlich genau klären: Wer verfügte über diese sensiblen Akten.“ Auf die Frage, ob die Bauplanungen geändert werden müssten, wollte Seibert unter Berufung auf die Nachforschungen nicht eingehen. Ein Sprecher des BND verwies auf die Zuständigkeit des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung als Bauherrn. Der Geheimdienst sei offiziell nur Mieter des Gebäudes.

Rund 4000 Mitarbeiter des deutschen Auslandsgeheimdienstes sollen von Anfang 2014 an in der „modernsten Geheimdienstzentrale Europas“ (BND) auf 260 000 Quadratmeter Fläche arbeiten. Die Gesamtkosten werden inklusive des Umzugs auf knapp 1,5 Milliarden Euro geschätzt.

Der Vorgang löste auch Kritik in der Unionsfraktion aus. Die BND-Spitze müsse unverzüglich für Klarheit sorgen, forderte Bosbach, der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses ist, in der „Saarbrücker Zeitung“ (Dienstag). Es sei zudem „hochgradig peinlich, dass ausgerechnet einem Geheimdienst geheime Unterlagen gestohlen werden“.

Wie auch SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann erinnerte Bosbach an die bereits deutlich gestiegenen Baukosten in den vergangenen Jahren. Sollte die Sicherheitskonzeption der BND-Zentrale nochmal verändert werden, „dann könnten die Folgen für den Steuerzahler erheblich sein“, warnte Bosbach.

Oppermann forderte auch Aufklärung von Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU). „Wenn dort bei hochsensiblen Baumaßnahmen die Geheimhaltung nicht gewahrt werden kann, muss Minister Ramsauer reagieren.“

Der Grünen-Obmann im Parlamentarischen Kontrollgremium für die Geheimdienste, Christian Ströbele, sagte der Nachrichtenagentur dpa: „Sollte sich der Bericht des "Focus" bestätigen, scheint das eine immense Dimension zu haben. Das würde sowohl einen großen materiellen Schaden als auch einen riesigen Ansehensverlust bedeuten.“ Er wolle wissen, wann der BND von dem Verlust der Baupläne erfahren habe, und ob der Geheimdienst danach sofort die Bundesregierung und das Kontrollgremium informiert habe.

Der Justiziar der Linksfraktion im Bundestag, Wolfgang Neskovic, nannte den Umgang mit den Bauplänen eine „grobe Schlamperei“. Völlig unverständlich sei, warum die Pläne nur mit der niedrigsten Geheimhaltungsstufe „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ versehen gewesen seien.