Merkel sucht ihren Gegner
Mehr als zwei Jahre vor der nächsten Bundestagswahl ist bei der SPD die Frage nach der Kanzlerkandidatur voll entbrannt.
Berlin. Gewiss taugt die Frage auch zu einem Dauerbrenner-Thema für das anlaufende Sommertheater. Aber es ist zuallererst ein kommunikatives Problem: Wie teilt man seiner Partei und der Öffentlichkeit am sinnvollsten mit, dass man für die Kanzlerkandidatur seiner Partei zur Verfügung steht?
Helmut Kohl löste vor der Bundestagswahl 1998 das Problem damit, dass er ein TV-Reporterteam an den Wolfgangsee bestellte und ihnen die Neuigkeit mitteilte, dass er eine weitere Legislaturperiode lang Kanzler bleiben wolle.
Die Lösung, die die amtierende Kanzlerin jetzt gefunden hat, ist eleganter. Das Interview mit dem Fernsehsender Sat 1 stand ohnehin auf dem Programm. Sie ließ einen beiläufigen Satz fallen: „Ich hoffe doch, dass ich einen Gegenkandidaten von der SPD bekomme“, meinte die CDU-Vorsitzende in dem Interview eher am Rand.
Damit ist klar: Ungeachtet niederschmetternder Werte für ihre Partei und eines massiven Image-Tiefs für die Regierungschefin tritt die Kanzlerin im Jahr 2013 wieder an. Das Signal von Kontinuität erwiderte FDP-Chef Philipp Rösler, der danach seinerseits in einem Nebensatz ankündigte, er wolle die Koalition mit den Unionsparteien auch nach 2013 fortsetzen.
Merkel würde nach aktuellen Umfragen bei Direktwahlen gegen die in der SPD als Herausforderer genannten Peer Steinbrück und den parlamentarischen Oppositionsführer Frank-Walter Steinmeier verlieren.
Nun gibt es zwar in Deutschland keine Kanzler-Direktwahl. Aber die Tatsache, dass beispielsweise Steinbrück 48 Prozent und Merkel nur 37 Prozent persönliche Zustimmung bekommen würde, gibt für Demoskopen wichtige Hinweise auf die Popularität und öffentliche Vermittelbarkeit des politischen Spitzenpersonals.
In der deutschen Öffentlichkeit noch beliebter ist allerdings Steinmeier. Für die Sozialdemokraten eröffnet sich durch die Debatte ein doppeltes Dilemma: Die Auseinandersetzung um die Herausfordererrolle für Angela Merkel kommt für die Partei viel zu früh. Sie hat alle Hände voll damit zu tun, die 23-Prozent-Schmach bei den Bundestagswahlen 2009 zu tilgen. Jeder Name, der jetzt auftaucht, wird über zwei Jahre vor dem Urnengang verbrannt.
Parteichef Sigmar Gabriel, dem SPD-internen Favoriten der Funktionäre, geht die Personaldebatte mächtig auf die Nerven: Der Finanzminister der Großen Koalition sei „superpopulär“, räumt er ein. Um ihn gebe es einen regelrechten „Hype“, weil die Medien einen Ersatz für den früheren CSU-Verteidigungsminister zu Guttenberg benötigen.
Das ist nicht eben ein schmeichelhaftes Kompliment des Niedersachsen für den Hamburger. Die Parallele Steinbrück-Guttenberg gilt als gezielter Schienbeintritt gegen den 64-Jährigen. Der Buchautor hat gerade eine deutschlandweite Lesungsserie hinter sich gebracht, die ihm wegen der Andeutungen seiner Spitzen-Ambitionen viele Sympathiepunkte eingebracht hatte.
Es spricht vieles dafür, dass die SPD-Kanzlerkandidatenfrage durch eine Mitgliederbefragung beantwortet wird.