Bundeshaushalt: Zwischen Pokern und Rechnen

Schwarz-Rot hat den Bundeshaushalt fertig und eine Milliardenlücke geschlossen. Die Opposition spricht von Täuschung.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) muss seine Schatulle etwas weiter öffnen. (dpa)

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Berlin. Elf Stunden brütete der Haushaltsausschuss des Bundestages in nächtlicher Sitzung über Vorgaben, Ausgaben und Zahlen. Es wurde viel gerechnet, aber auch gepokert und getrickst. Freitag früh meldete Schwarz-Rot schließlich Vollzug: Der Bundesetat für 2014 ist unter Dach und Fach.

Doch während sich die Koalitionäre für die niedrigste Neuverschuldung seit 1969 feierten, warf die Opposition den Regierungsparteien vor, die Öffentlichkeit zu täuschen. Die sogenannte Bereinigungssitzung gehört zu den festen Ritualen des Berliner Politik-Betriebs. Jahr für Jahr bekommt der aktuelle Haushalt in einer mehr oder minder dramatischen Nachtsitzung dann seinen letzten Schliff.

Wer glaubte, dies sei 2014 wegen der guten Wirtschaftlage anders, sah sich getäuscht — tat sich in den vergangenen Wochen doch eine stattliche Lücke von 3,4 Milliarden Euro auf, die irgendwie geschlossen werden musste. Sie resultierte in erste Linie aus einem Urteil des Finanzgerichts Hamburg, das die sogenannte Kernbrennstoffsteuer für die Atomkraftbetreiber als rechtswidrig eingestuft und eine vorläufige Rückzahlung von 2,3 Milliarden Euro durch den Bund verfügt hatte. Hinzu kam, dass die Steuerschätzung vom Mai für den Bund um etwa 700 Millionen Euro schlechter ausgefallen war als noch bei der Prognose im Herbst. Obendrein gab es einen Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, der die Schatulle von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stärker in Anspruch nimmt als zuvor kalkuliert.

Auf der anderen Seite wollten Union und SPD allerdings auch die Neuverschuldung, wie schon länger geplant, auf maximal 6,5 Milliarden Euro begrenzen. Am Ende gelang das Kunststück, die Lücke zu schließen, ohne zusätzliche Kredite in Anspruch zu nehmen. Allerdings zum Teil mit zweifelhaften Methoden.

So ignorierten Union und SPD kurzerhand bei ihren Berechnungen den Einnahmerückgang aus der Steuerschätzung im Mai, was die Haushälter der Linken und Grünen, Roland Claus und Sven-Christian Kindler, hörbar auf die Palme brachte. Von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“ war die Rede, von „Zockermentalität“ à la Las Vegas und „organisiertem Selbstbetrug“. Die Chefhaushälter von Union und SPD, Norbert Barthle und Johannes Kahrs, sahen darin naturgemäß haltlose Vorwürfe.

Freilich mussten einige Ressorts dennoch bluten. So wurde zum Beispiel Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Einsparung von 400 Millionen Euro in ihrem Etat verpflichtet, was aber als machbar gilt, weil wichtige Rüstungsanschaffungen derzeit ohnehin auf Eis liegen.

Allerdings kam auch die erneute Absenkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank den Haushältern der großen Koalition zu Hilfe. 1,2 Milliarden Euro kann Berlin deshalb beim Schuldendienst sparen. So haben es Union und SPD in den aktuellen Etat hinein geschrieben. Selbst aus Sicht der Opposition geht das in Ordnung: „Es ist gar nicht so verkehrt, zu sagen, EZB-Chef Draghi habe Schäuble den Haushalt gerettet“, räumte der Linkspolitiker Claus ein.