Bundesrat für 8,50 Euro Mindestlohn
Berlin (dpa) - Die von SPD und Grünen regierten Länder haben ihre neue Mehrheit im Bundesrat genutzt und einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro beschlossen.
Auch das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern, die beide von großen Koalitionen regiert werden, stimmten am Freitag für den Antrag aus Rheinland-Pfalz. Nun muss der Bundestag über den Antrag entscheiden. Die Regierungskoalition von CDU/CSU und FDP kündigte bereits an, die Bundesrats-Initiative mit ihrer Mehrheit dort wieder zu kippen.
Die Koalitionsparteien lehnen einen einheitlichen Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde ab, sind aber für nach Branchen und Regionen differenzierte Lohnuntergrenzen offen. Erstmals seit rund 14 Jahren verfügen SPD, Grüne und Linke nach dem jüngsten Regierungswechsel in Niedersachsen wieder über eine eigene Mehrheit in der Länderkammer. In der Debatte waren deshalb am Freitag - entgegen sonstigen Gepflogenheiten in der Länderkammer - deutliche Wahlkampftöne zu hören.
Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) sagte mit Blick auf die neue Mehrheit: „Der Bundesrat wird heute zur Bühne gemacht für die Bundestagswahl.“ Die SPD habe bereits alle weiteren Initiativen bis zum Wahltermin vorbereitet. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bekräftigte, gut 20 Prozent der Vollzeitbeschäftigten bezögen in Deutschland einen Niedriglohn, und 2,5 Millionen verdienten weniger als sechs Euro. Es gehe bei dem SPD-Vorstoß auch um den Schutz der Unternehmen vor Lohndumping.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) wies indes den Vorwurf zurück, ein flächendeckender Mindestlohn von 8,50 Euro sei ein Eingriff in die Tarifautonomie. An die Adresse von Union und auch FDP sagte er, die Tarifautonomie könne nicht als Ausrede genutzt werden, um sich einer solchen Lohnuntergrenze zu entziehen. Dies würden die betroffenen Menschen nicht akzeptieren.
Auch Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) unterstrich die Notwendigkeit eines flächendeckenden Mindestlohns. Es gebe in Thüringen heute folgende tariflich vereinbarte Lohnuntergrenzen: Friseurhandwerk 3,18 Euro, Floristik 4,44 Euro, Gartenbau 5,93 Euro, Bäckerhandwerk 6,26 Euro, Fleischerhandwerk 5,50 Euro. In Thüringen führt eine CDU/SPD-Koalition das Land. CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) lehnte in ihrer Rede eine Festlegung der Lohnuntergrenze ab und beklagte, dass SPD und Grüne ihren Antrag nicht in den Bundesratsausschüssen beraten lassen wollten.
Laut Antrag soll eine beim Bundesarbeitsministerium angesiedelte, nicht weisungsgebundene Kommission den Mindestlohn festsetzen. Das Gremium soll mit je drei Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite sowie drei weiteren unabhängigen Sachverständigen aus der Wissenschaft besetzt werden. Die neun Mitglieder der „Mindestlohnkommission“ sollen auf fünf Jahre bestellt werden.