Analyse Darum ist die Bundeswehr ein Bürokratiemonster
Berlin. · Der Wehrbeauftragte kritisiert unklare Zuständigkeiten in der Armee. Nicht nur bei der Technik gibt es Probleme.
Aus 2534 Eingaben von Soldaten und 34 eigenen Truppenbesuchen machte sich der Wehrbeauftrage Hans-Peter Bartels 2018 ein Bild über den Zustand der deutschen Armee. Sein Fazit: „Es ist immer noch Winter. Aber immerhin gibt es jetzt Pläne für den Frühling.“
Wieso ist Bürokratie ein Problem bei der Bundeswehr?
„Einfaches wird verkompliziert, Bewährtes verschlimmbessert“, schrieb Bartels und zitierte einen Soldaten mit dem Satz: „Wir verwalten uns zu Tode“. Der Wehrbeauftragte forderte mehr Eigenverantwortung und mehr Entscheidungen aus einer Hand. Beispielsweise müssen den Antrag für eine neue Fliegerkombination – den Overall der Piloten – neun Dienststellen abzeichnen. Das dauert bis zu drei Monate. Der Schützenpanzer „Puma“ ist so konstruiert, dass in ihm nur Soldaten bis maximal 1,84 Meter Größe transportiert werden können. Panzergrenadiere dürfen neuerdings nicht mehr größer sein.
Wie steht es um die Ausstattung?
„Oftmals trifft Lücke auf Lücke“ formulierte der Wehrbeauftragte und listete auf: Kaum einsatzbereite Panzer, ein Großteil der U-Boote defekt und die Hälfte der Eurofighter und Tornados flugunfähig. An Geld fehlt es nicht, die Finanzausstattung bezeichnete Bartels nach der Etatanhebung auf 43 Milliarden Euro als gut. Auch hier ist eine der Ursachen die Bürokratie. Trotz aller Reformbemühungen im Beschaffungswesen sind etwa mit dem Tornado immer noch zwölf Dienststellen befasst. Und selbst bei kleineren Bestellungen beklagen die Kommandeure „immer komplexere, sich gegenseitig teils sogar widersprechende Regelungen“. Mindestens bei der persönlichen Ausrüstung mit Schutzwesten und Nachtsichtgeräten verlangte Bartels ein sofortiges Sonderprogramm.
Gibt es genug Personal?
181 274 Soldaten gab es Ende 2018, davon 21 931 Frauen (12,1 Prozent). Bis 2025 will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) die Sollstärke der Bundeswehr auf 205 000 erhöhen. Das dürfte schwierig werden. Denn schon jetzt ist die Bewerberzahl rückläufig. 2018 gab es nur noch 20 000 Diensteintritte, die niedrigste Zahl in der Geschichte. Im Jahr davor waren es noch 23 500 gewesen. Im Moment rettet man sich durch die Verlängerung von Zeitverträgen. „So wird die Bundeswehr älter“, resümierte Bartels. Rund 20 000 Dienstposten, vor allem solche mit hohen körperlichen oder technischen Anforderungen, sind derzeit nicht besetzt.
Was ist mit Rechtsextremismus und Sexismus?
In beiden Bereichen stellte der Wehrbeauftragte zwar eine Zunahme von Anzeigen fest, führt sie aber auf eine höhere Aufmerksamkeit zurück. 150 extremistische Vorfälle wurden 2018 gemeldet. 18 Soldaten wurden aus dem Dienst entfernt. Die Zahl der gemeldeten sexuellen Übergriffe stieg von 235 im Jahr 2017 auf 288 in 2018. Unter anderem wohl wegen der „Me-Too“-Debatte, heißt es in dem Bericht.
Der komplette Bericht trägt die Drucksachennummer 19/7200 und steht unter: bundestag.de/dokumente