Die Gedanken sind frei

Der Inhalt des Selbstgesprächs ist so zu behandeln, als wäre er gar nicht bekanntgeworden. Kann das richtig sein? Hat nicht der Staat die Pflicht, alles zu tun, um die Wahrheit herauszufinden und den Täter zu überführen?

Der Inhalt des Selbstgesprächs ist so zu behandeln, als wäre er gar nicht bekanntgeworden. Kann das richtig sein? Hat nicht der Staat die Pflicht, alles zu tun, um die Wahrheit herauszufinden und den Täter zu überführen?

„Alles zu tun“ — eine solche Forderung signalisiert schon, dass es so nicht sein darf. Denn mit dieser Argumentation gäbe man selbst dem folternden Ermittler grünes Licht. Nun ist das Abhören kein solch einschneidender Eingriff wie die Folter.

Jedoch ist das Selbstgespräch etwas Höchstpersönliches. Ein lautes Denken. Den Inhalt der Gedanken will man, jedenfalls wenn man sich unbelauscht fühlt, niemand anderem mitteilen. Wie bei bloßen Gedanken mögen hier Wünsche, Befindlichkeiten, Vorstellungen und Realität verschwimmen — der Beweiswert wäre äußerst beschränkt.

Vor allem aber: Jeder Angeklagte hat das Recht zu schweigen. Dieses Recht wird ausgehebelt, wenn man ihm vorhält, was er nur laut gedacht hat. Wie schwer dieses Schweigen des Angeklagten zu ertragen ist, haben zum Beispiel die Eltern des ermordeten Mirco erfahren.

Und doch darf der Staat das, was hinter der Stirn eines Angeklagten vorgeht, nicht mit Gewalt oder Hinterlist nach außen zu bringen versuchen. Wären solche Erkenntnisse verwertbar, ginge es steil bergab mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen.