Dürfen Pinkelpausen Geld kosten?
Linke und Grüne wollen kostenfreie Toiletten an Raststätten und Bahnhöfen - die Union winkt ab.
Berlin. Ferienzeit gleich Reisezeit. Da müssen Urlauber auch mal dringend einen Stopp einlegen, um ein menschliches Bedürfnis zu befriedigen. Für den Toilettengang braucht man jedoch meist Kleingeld. Im Bundestag gibt es nun Zoff um die Pinkelpause - Linke und Grüne stören sich an den „Extraprofiten“ für den Klobesuch. Für viele Reisende seien 70 Cent oder ein Euro oftmals eine zu hohe Hürde. Gar von „Abzocke“ ist die Rede. Die Nutzung soll deshalb an Autobahnraststätten und an Bahnhöfen kostenfrei werden.
„Wer kein Geld dabei hat oder sich die Gebühr von 70 Cent nicht leisten kann, wird gezwungen, seine Notdurft unter unwürdigen Bedingungen zu verrichten“, so der Linken-Abgeordnete Thomas Lutze zu unserer Redaktion. Dies führe zu mehr Verschmutzung, oft riechbar in Bahnhofsnähe. Außerdem gebe es keinen Grund, „bei Autobahnraststätten nicht nach dem Gaststättenrecht zu verfahren“. Es schreibt Gastronomiebetreibern vor, eine kostenlose Toilette vorzuhalten.
Soweit, so gut. Bereits Ende Juni beschäftigte sich der Bundestag mit dem Thema. Hintergrund war ein entsprechender Antrag der Linksfraktion zur „unentgeltlichen Nutzung der WC-Anlagen“. Bei den Ausschussberatungen konnte sich die Fraktion aber nicht durchsetzen. Die Sauberkeit der stillen Örtchen würde sich bei einer Gratisbenutzung verschlechtern, hieß es. Trotz täglicher Reinigung seien kostenfreie Toiletten oft „bis zur Unbenutzbarkeit verschmutzt oder beschädigt“, argumentierten die Abgeordneten der Union. Die SPD sprang den Linken zwar bei, sie halte die Zielsetzung „im Grundsatz für richtig“. Aber es bestehe keine rechtliche Verpflichtung der Bundesregierung, sich darum zu kümmern.
Für Lutze gibt es freilich noch ein anderes Argument, warum man für die Pinkelpause nichts bezahlen sollte: Die WCs auf Flughäfen, „sowohl im Abflugbereich als auch vor der Sicherheitskontrolle“, seien auch gebührenfrei, „ohne dass dort irgendwelche Probleme mit der Sauberkeit bekannt wären“. Ähnlich sehen es inzwischen die Grünen, die der Forderung allerdings in den Ausschüssen noch eine Absage erteilt hatten: „Bei Beträgen zwischen 70 Cent und einem Euro kann man bei fehlenden Alternativen schon von Abzocke sprechen“, so der tourismuspolitischer Sprecher, Markus Tressel. Im Gegensatz zu den Linken wolle man aber nicht, dass alle Toiletten unentgeltlich zugänglich seien. Aber an stärker frequentierten öffentlichen Rastanlagen und an Bahnhöfen müsse es ein solches Angebot geben. Und wenn nicht, müsse zumindest das Gutscheinsystem so angepasst werden, dass die Gutscheine „voll angerechnet werden können“.
Das ist bisher nicht der Fall. Für den Gang aufs Klo zahlt man in der Regel 70 Cent, von denen man dann über einen Bon 50 Cent im Geschäft wieder einlösen kann. Dieses System habe sich bewährt, betonte eine Sprecherin von „Tank & Rast“ auf Nachfrage. Das Unternehmen betreibt mit der Tochtergesellschaft „Sanifär“ rund 500 Anlagen. Eine repräsentative Umfrage habe ergeben, dass 94 Prozent aller Kunden zufrieden mit der Hygiene und den Standards der Sanitäreinrichtungen seien. Die Linke will dennoch nicht locker lassen: „Wir werden das Thema in der nächsten Legislaturperiode wieder aufrufen“, so Lutze.