Erkundungsstopp in Gorleben bis zur Bundestagswahl
Berlin (dpa) - Mit einem Erkundungsstopp in Gorleben will Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) die stockenden Gespräche über eine bundesweite Atommüll-Endlagersuche wieder in Gang bringen. Bis nach der Bundestagswahl 2013 sollen die Arbeiten in dem niedersächsischen Salzstock komplett ausgesetzt werden.
Das sagte Altmaier am Freitag in Berlin. Er fügte hinzu: „Ich hoffe, auch darüber hinaus.“
Die Erkundung in dem umstrittenen Salzstock ruhte zuletzt ohnehin schon weitgehend. SPD und Grüne begrüßten den Schritt. Dort dürften keine weiteren Fakten geschaffen werden. Zunächst soll nun die Niedersachsen-Wahl am 20. Januar abgewartet werden. Im Februar will Altmaier dann eine Einigung über eine Suche in ganz Deutschland nach mehreren Alternativen erzielen. Gelingt dies, sollen die Arbeiten bis zu einer Entscheidung über Alternativen auch längerfristig ruhen - und nur noch Maßnahmen zur Offenhaltung des Salzstocks stattfinden.
„Es ist meine feste Überzeugung, dass es den ehrlichen Willen zu einer Einigung noch vor der Bundestagswahl gibt“, sagte Altmaier. „Ich sehe im Augenblick keine unüberwindbaren Hürden.“ Daher sei es gerechtfertigt, „ein letztes Mal“ die Gespräche um einige Wochen zu verschieben. Der Salzstock in Niedersachsen ist seit 1977 die einzige Endlageroption, doch es gibt Zweifel an der Eignung. Daher streiten Bund, Länder und Opposition seit einem Jahr um einen Neustart. Gorleben soll bei einer bundesweiten Suche aber im Rennen bleiben. Hier wurden bereits 1,6 Milliarden Euro in die Erkundung investiert.
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) lobte den Entschluss Altmaiers: „Die Entscheidung erhöht die Chance auf einen parteiübergreifenden Konsens, der in dieser Frage unbedingt notwendig ist.“ Er hatte zuletzt auch eine rückholbare Endlagerung von Atommüll ins Spiel gebracht, was Salzstöcke wie Gorleben ausschließen würde. Das Thema Gorleben ist im Landtagswahlkampf besonders umstritten.
Schon unter Rot-Grün war ein Erkundungsmoratorium verfügt worden, dass letztlich zehn Jahre bis 2010 dauerte. Nach der grundsätzlichen Bereitschaft von Bund und Ländern für einen Neustart vor einem Jahr waren die Arbeiten immer weiter reduziert worden. Zuletzt hatte es in Gorleben nur noch Tiefbohrungen gegeben. Die 200 zuletzt noch dort beschäftigten Bergleute sollen ihre Arbeitsplätze vorerst behalten. Ein Teil von ihnen könnte im maroden Atommülllager Asse aushelfen, wo schwach- und mittelradioaktiver Müll nach Möglichkeit geborgen werden soll. Ein Gesetz zur Beschleunigung der Bergung („Lex Asse“) könnte bereits nächsten Mittwoch vom Bundeskabinett beschlossen werden.
Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin begrüßte die Anordnung: „Wer eine Einigung will, der darf in Gorleben keine Fakten schaffen.“ Wenn Altmaier auch bei der Behördenstruktur und bei den Suchkriterien im Gesetz ähnliche Bewegung erkennen lasse, sei er zuversichtlich, dass die Verhandlungen nach der Niedersachsen-Wahl Erfolg haben. SPD-Chef Sigmar Gabriel sah ebenfalls eine neue Chance für eine Einigung.
Da SPD und Grüne die Sorge haben, dass Gorleben bei einer neuen Suche durch einen „Pseudo-Vergleich“ mit anderen Optionen gerichtsfest durchgedrückt werden könnte, war bisher ein Konsens über ein Endlagersuchgesetz immer wieder gescheitert. Zuletzt hatten sie im Oktober einen Entwurf Altmaiers abgelehnt. Die Umweltorganisation Greenpeace drängt ebenso wie die niedersächsische SPD auf ein Aus für Gorleben, da es sonst immer wieder auf den Ort hinauslaufen würde. Ein echter Neustart sei nur ohne Gorleben notwendig, so Greenpeace.
Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“, warf Altmaier ein Manöver für den niedersächsischen Wahlkampf vor. „Weil die Gorleben-Debatte gefährlich für den um seine Wiederwahl bangenden David McAllister wird, hat der Bundesumweltminister jetzt ein Mini-Moratorium erlassen.“ Dabei ruhten die Maschinen in Gorleben nach Anwohnerklagen ohnehin schon seit Wochen, so Stay.