Euro-Rettung - „Blitz aus heiterem Himmel“
Richter stoppen ein Gremium, das stellvertretend für den gesamten Bundestag Maßnahmen zur Euro-Rettung billigen sollte.
Berlin. Der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wurde schmallippig. Steffen Seibert murmelte gestern vor der Bundespressekonferenz etwas von einem „schwebenden Verfahren“, das nicht durch regierungsoffizielle Stellungnahmen erschwert werden dürfe. Keine Frage: Die einstweilige Verfügung des Karlsruher Bundesverfassungsgerichts war wie „ein Blitz aus heiterem Himmel“, so ein Regierungsberater, in Berlin eingeschlagen. Obwohl die verfassungsrechtliche Problematik den Beteiligten durchaus bewusst war.
Vor der Einsetzung des aus neun Abgeordneten zusammengesetzten Ausschusses, der vorläufig nicht zusammenkommen und über die Vergabe von Hilfsmitteln an Griechenland und weitere tief verschuldete EU-Mitglieder entscheiden darf, hatte es im Haushaltsausschuss einige kritische Bemerkungen gegeben. Und zwar speziell zu der Frage, ob ein solcher Ausschuss nicht den Status der nicht an den Entscheidungen beteiligten 611 Parlamentarier tangiert. So argumentierten jedenfalls die beiden Kläger, die SPD-Abgeordneten Peter Danckert und Sven Schulz.
Ausdrücklich legen sie Wert auf die Feststellung, dass sie die Klage nicht im Namen ihrer Bundestagsfraktion, sondern aus persönlichem Antrieb erhoben hätten. Sie konnten sich auf eine Analyse des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages stützen, der die Frage aufgeworfen hatte, warum nur ein Sondergremium des Parlaments kurzfristig einberufen werden und geheim beraten könne. Das würde den Status der anderen Volksvertreter einengen.
Gestern traf sich der Haushaltsausschuss zu einer außerplanmäßigen Krisensitzung. Es ging um die Lehren aus der Karlsruher Entscheidung. Klar ist: Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat bei der Lösung eine Schlüsselrolle. Er soll nach dem Willen des Ausschusses einen Verfahrensweg entwickeln, wie nach der Entscheidung die Mitbestimmung des Bundestages sichergestellt werden kann.
Der CDU-Haushaltsexperte Norbert Barthle sieht die Arbeitsfähigkeit der Parlamentarier nach dem Karlsruher Richterspruch nicht gefährdet: „Der Beschluss bedeutet nicht, dass das vorgesehene Neuner-Gremium verfassungswidrig ist.“ Eine von der SPD geforderte Gesetzesänderung noch vor dem endgültigen Urteil des Gerichts, das noch vor Weihnachten erwartet wird, lehnte Barthle ab.
In der Unionsfraktion wird damit gerechnet, dass in den kommenden Wochen der Etat-Ausschuss immer wieder zu Sondersitzungen zusammentreffen wird. Die Bundesregierung solle sich keine Sorgen machen; der Bundestag sei handlungsfähig. Bei grundsätzlichen Entscheidungen habe ohnehin das Plenum zu entscheiden. Das muss keinen großen Aufwand für die Volksvertreter bedeuten, da bis zur Weihnachtspause noch vier Sitzungswochen auf dem Terminkalender stehen.