Geheimdienstexperte der Union Experte: BND-Medien-Überwachung hatte bereits Konsequenzen

Berlin (dpa) - Nach einem Medienbericht über die Überwachung ausländischer Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) hat sich der Geheimdienstexperte der Union, Clemens Binninger (CDU), verwundert über den Aufschrei der Opposition geäußert.

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Das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste (PKGr) habe nach einer Untersuchung einer Task-Force in der BND-Affäre schon Mitte 2016 in einem öffentlichen Bericht dargelegt, „dass in der Vergangenheit auch Medien in die strategische Fernmeldeaufklärung geraten waren“, sagte der PKGr-Vorsitzende der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Diese zurückliegende Praxis des BND sei damals parteiübergreifend zu Recht stark kritisiert worden, sagte Binninger. Die Politik habe daraus aber bereits Konsequenzen gezogen.

Im Ende 2016 verabschiedeten neuen BND-Gesetz gebe es deswegen „eine ganze Reihe von Verbesserungen, die den Schutz von Deutschen und auch von EU-Bürgern deutlich verbessert“ hätten. „Die gezielte Überwachung und das Erfassen von EU-Bürgern ist mit dem neuen Gesetz nicht zulässig“, sagte der CDU-Politiker. Ausnahmen seien nur denkbar, „wenn zum Beispiel ein unmittelbarer Terrorbezug besteht - was sich angesichts von mehr als 3000 IS-Kämpfern aus der EU nicht ganz ausschließen lässt“, sagte Binninger.

Hinzu komme das neu geschaffene und mit hochrangigen Juristen besetzte Unabhängige Gremium, das Entscheidungen über Abhöraktionen prüfe. Deutsche Bürger sind per Gesetz grundsätzlich auch im Ausland vor Ausspähung durch den deutschen Auslandsgeheimdienst geschützt.

Nach einem „Spiegel“-Bericht hatte der BND von 1999 an ausländische Journalisten unter anderem in Afghanistan, Pakistan und Nigeria überwacht. Laut Dokumenten, die das Nachrichtenmagazin einsehen konnte, führte der deutsche Auslandsgeheimdienst mindestens 50 Telefon- und Faxnummern oder Mail-Adressen von Journalisten oder Redaktionen in seiner Überwachungsliste als eigene sogenannte Selektoren. Der BND wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

Unter den Spähzielen seien mehr als ein Dutzend Anschlüsse der britischen BBC in Afghanistan und in deren Zentrale in London, zudem seien Redaktionen des internationalen Programms BBC World Service überwacht worden, heißt es weiter. Auf der Liste standen demnach ein Anschluss der „New York Times“ in Afghanistan wie auch Anschlüsse von Mobil- und Satellitentelefonen der Nachrichtenagentur Reuters in Afghanistan, Pakistan und Nigeria. Vertreter von Journalistenorganisationen sowie von Grünen und Linken äußerten scharfe Kritik am Vorgehen des BND.

Binninger wollte sich nicht zu Einzelfällen äußern. Er betonte, auch für Medienvertreter gelte: „EU-Bürger und deutsche Bürger sind geschützt.“ Gleichwohl könne der BND nicht bei jeder ausländischen Handy-Nummer oder E-Mail-Adresse sofort erkennen, ob es sich um einen Medienvertreter handele.

Denkbar sei auch, dass Nummern von Journalisten bei der Überwachung einer anderen Telefonnummer mit auftauchten. „In diesen Fällen muss dann im Nachhinein und im konkreten Einzelfall entschieden werden, ob die Erkenntnisse zum Beispiel einen Bezug zu Terror haben und ob es verhältnismäßig ist“, sagte Binninger. Eine andere Möglichkeit bestehe kaum, denn von vornherein alle Telefonnummern von ausländischen Journalisten auszuschließen, sei „ein Ding der praktischen Unmöglichkeit“.